Abstracts - Zusammenfassungen

Plena - SP01-05 - SP06-10 - SP11-15 - SY01-06,14 - SY07-13 - SM01-06 - SM07-13 - SM14-20 - SM21-27 - SN01-05 - SN06-10 - SN11-15 - SN16-21 - SN22-26 - SN27-32 - SN33-37 - SN38-43 - P01-13 - P14-28

____________________________


Subplenaries - Subplena
Saturday - Samstag 2.10.2004, 9.30 - 11.30 h

SP11 - SP12 - SP13 - SP14 - SP15

-

SP11: Family Enterprises (Familienunternehmen)

Rosmarie Welter-Enderlin (CH): The Counselor Between Family Needs and Business Necessities (Berater/in zwischen Bedürfnissen von Geschäftsfamilien und wirtschaftlichen Notwendigkeiten)

illustrated by examples from my practice, I focus on the following themes in family businesses: 1. A non-family member enters a leading position, 2. The role of female family members in business, 3. The „pre-modern“ orientation which focuses on the „we“ and its consequences for individuals, 4. Basic needs and goals of families in business and their demands on counselors.

Illustriert durch Beispiele aus meiner Praxis, werde ich auf folgende Themen fokussieren: 1. Ein Nicht-Famlienmitglied tritt eine leitende Position an, 2. Die Rolle von Frauen im Familienbetrieb, 3. Die „vor- moderne“ Orientierung der Geschäftsfamilie betont das „Wir“: Konsequenzen für individuelle Mitglieder: „Ich“, 4. Grundbedüfnisse und Ziele von Geschäftsfamilien und ihre Anliegen an Beratung.

Fritz B. Simon (D): Rules of the Game of Family Business - Different and Common Rules of Communication in the Family and Company Systems (Die Spielregeln des Familienunternehmens - unterschiedliche und gemeinsame Regeln der Kommunikation im Familiensystem und im System Unternehmen)

What does the term „family” mean if there are 500 relatives? – I will address the structure of families in multi-generational family businesses. What are the specific differences between the family and the business system? What do they have in common? Which risks and opportunities are potentially created by that? Which resources are necessary to cope with the dynamics and have a fruitful communication and exchange between the company and the family world?

Welche Bedeutung hat der Begriff „Familie“, wenn diese aus 500 Verwandten besteht? Ich zeige die Struktur von Familien in mehrgenerationalen Familienunternehmen. Was sind die genauen Unterschiede zwischen Familiensystem und dem System Unternehmen? Was haben sie gemeinsam? Zu welchen Risiken und Möglichkeiten kann dies führen? Welche Ressourcen sind notwendig, um mit Dynamiken umzugehen und zu fruchtbarer Diskussion und Austausch zwischen Unternehmens- und Familienwelt zu kommen?

Allan Holmgren (DK):The Transfer of Ownership and Leadership from One Generation to the Next as a Special Challenge for each Family Business (Die Übertragung von Besitz und Führung von der einen auf die nächste Generation - eine spezielle Herausforderung an jedes Familienunternehmen)

How many family businesses in Denmark and other European countries will be confronted with the challenge of ownership transfer during the coming years? And what does that mean for the system members? Some ideas regarding the following questions, based on a case study, will be presented: Which specific dynamics evolve in this transition phase? What are typical conflicts and how are they handled? What are typical opportunities and risks for the evolution of the different social systems, how are the individuals involved, how do they cope with these challenges? What is important for a good development of the individuals´, the families´ and the businesses future? What helps and what hinders in this phase?

Wie viele Familienunternehmen in Dänemark und in anderen europäischen Ländern werden in den kommenden Jahren mit der Herausforderung konfrontiert sein, Besitz auf die nächste Generation zu übertragen? Und was bedeutet dies für die Mitglieder des Systems? Anhand einer Fallstudie werden einige Ideen zu den folgenden Fragen vorgestellt:
Zu welchen spezifischen Dynamiken führt eine solche Übergangsphase? Was sind typische Konflikte und wie wird mit ihnen umgegangen? Was sind die typischen Chancen und Risiken für die Entwicklung der verschiedenen sozialen Systeme, wie werden die einzelnen Beteiligten mit einbezogen, wie kommen sie mit diesen Herausforderungen zurecht? Was ist für eine gute zukünftige Entwicklung der Einzelnen, der Familie und des Unternehmens wichtig? Was ist in dieser Phase hilfreich und was hinderlich?

top

SP12: Mediation and Conflict Management (Mediation und Konfliktmanagement)

In the past, the systemic model has expanded into different fields of counseling. Especially in recent years, conflict counseling has become increasingly important. This is shown on the one hand by the development of mediation as a method to deal with conflict and on the other hand by the application of different methods dealing with controversial situations in families and organisations. These modifications constitute an opportunity for the systemic approach to complement the established concepts of counseling and therapies and to increase the variety of methods. Considering the significance of the different operations and methods for the systemic identity, it becomes obvious that the counselor´s/therapist´s professionalism consists of, among others, assembling an own repertoire of tools. Openness towards new areas allows the integration of different approaches, which offers a permanent expansion of professional equipment and makes it possible to adapt operations and methods to the respective counseling situation without threatening the systemic integrity of the counselor/therapist. Yet in the context of these new areas of application in conflict counselling, one question always remains central: “Which operations and which methods are adequate to the current counseling situation?”
Plenary: With specific contributions from systemic practice in the fields “mediation and conflict management”, the examples for the application of mediation in family and organisations from several European countries are illustrated. By considering the selection of methods and the different settings within conflict counseling, an insight into the manifold possibilities of the application of mediation as a form of systemic counseling is given.

Das Systemische Modell hat sich in der Vergangenheit auf unterschiedliche Beratungsfelder ausgeweitet. Vor allem in den letzten Jahren hat die Konfliktberatung an Bedeutung gewonnen. Dies sieht man zum einen an der Entwicklung der Mediation als Verfahren zur Konfliktklärung als auch an unterschiedlichen Methoden zum Umgang mit streitigen Situationen in Familie und Organisationen. Für den systemischen Handlungsansatz stellen diese Veränderungen eine gute Chance dar, die bewährten Beratungs- und Therapiekonzepte zu ergänzen und die Methodenauswahl zu erweitern.
Bei der Betrachtung des Stellenwertes der verschiedenen Verfahren und Methoden für die systemische Identität wird deutlich, dass die Professionalität der BeraterIn/TherapeutIn u.a. darin besteht, aus der Vielfalt der Konzepte ein eigenes Repertoire an Handwerkszeug zusammenzustellen. Eine Offenheit gegenüber neuen Feldern ermöglicht das Aufgreifen von unterschiedlichen Ansätzen. Dies bietet eine fortwährende Erweiterung des professionellen Ausrüstungspools und gewährt den Wechsel von Verfahren und Methoden je nach Beratungssituation, ohne die systemische Identität der BeraterIn/TherapeutIn zu gefährden. Im Rahmen dieser neuen Anwendungsfelder der Konfliktberatung steht jedoch immer die folgende Frage im Mittelpunkt: „Welches Verfahren und welche Methode ist für die aktuelle Beratungssituation adäquat?“
Das Plenum: Systemische Praxis im Bereich ‚Mediation und Konfliktmanagement‘ beleuchtet mit den einzelnen Beiträgen die Anwendungsmöglichkeiten der Mediation von Familie bis Organisation aus verschiedenen europäischen Ländern. Die Betrachtung der Methodenauswahl und der unterschiedlichen Settings innerhalb der Konfliktberatung geben einen Einblick in die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Mediation als systemischer Beratungsform.

Pierre Angel (F): Coping with Human Suffering in Business through Employee Assistance Programs (Eine systemische Behandlung des menschlichen Leidens in Unternehmen durch “Employee Assistance Programs”)

Employee Assistance Programs are currently offered by companies in the United States to employees and are starting to become more popular in France: companies sign contracts that allow their employees to benefit from coaching.
These contracts regard psychological as well as physical aspects and extend from personal development to dealing with human suffering.
This paper deals with a specific aspect of these programs: they allow consultants with a double background (training of others and own experience in business as well as in therapy) to start dealing with sufferings of employees which companies are unable to cope with, and which these employees refuse to see a psychologist or a psychiatrist for.
This approach often takes the professional environment as well as private background of these employees into account.

Unternehmen in den USA bieten ihren Mitarbeitern Mitarbeiterhilfsprogramme (EAP) an, und diese Programme werden derzeit auch in Frankreich bekannt: die Unternehmen schließen Verträge, durch die ihre Mitarbeiter von Coaching profitieren können.
Diese Coaching-Angebote können sowohl psychische als auch körperliche Aspekte betreffen, und reichen von persönlicher Entwicklung bis hin zum Umgang mit menschlichem Leiden. Der Beitrag beschreibt einen spezifischen Teil dieser Programme: Diese Programme erlauben es Beratern mit einem doppelten Hintergrund - Ausbildung anderer und eigene Berufstätigkeit, sowohl im Unternehmens- als auch im therapeutischen Bereich - einen Einstieg in das Leiden von Mitarbeitern zu finden, wenn die Unternehmen mit der Unterstützung ihrer Mitarbeiter überfordert sind und wenn für die Mitarbeiter die Schwelle zu hoch ist, Hilfe von Psychologen oder Psychiatern bezüglich dieses Leidens zu suchen. Dieser Ansatz kann das berufliche oder auch das Privatleben mit einbeziehen.

Rodolfo De Bernart (I): The Use of Images in Systemic Familiy Mediation (Bilder in der Systemischen Familienmediation)

Mediation is used in different fields as such as school, companies, courts, and of course families.
Family mediation can cope with different problems, even if the most common at the moment in Italy is divorce mediation. In all these fields and problems, the normal form of interaction is verbal. Sometimes this kind of interaction does not work or works only insufficiently, because the verbal channel is overstimulated. In these situations, the use of a non-verbal channel is more appropriate. Different techniques such as drawing, sculpting, collages, photographs, films and others are commonly used in psychotherapy. Some of them can also be used in systemic mediation and show good results, especially in divorce mediation. If there will be enough time, the author will also show some examples of these techniques with the help of videotape excerpts of sessions.

Mediation kommt in verschiedenen Bereichen wie beispielsweise Schulen, Unternehmen, Gerichten und natürlich Familien zum Einsatz. Familienmediation kann verschiedene Probleme bewältigen, auch wenn die meistverbreitete Form der Mediation in Italien derzeit Scheidungsmediation ist. In all diesen Bereichen und bei all diesen Problemen findet die Interaktion üblicherweise auf verbaler Ebene statt. Manchmal funktioniert diese Form von Interaktion allerdings nicht oder nicht gut genug, da der verbale Kanal übersättigt ist. In solchen Situationen ist die Interaktion über einen nonverbalen Kanal eher angezeigt. In der Psychotherapie werden oft verschiedene Techniken wie malen, Skulpturen formen, Erstellung von Collagen, Photographien, Filme etc. eingesetzt. Einige dieser Techniken können auch in der systemischen Mediation mit gutem Ergebnis - besonders in der Scheidungsmedation - angewandt werden.
Wenn die Zeit es erlaubt, wird der Autor auch einige Beispiele solcher Techniken anhand von Sitzungsaufnahmen zeigen.

Rita Harris (GB): The Childrens‘ Perspective - Having a Voice (Die Perspektive des Kindes - Kindern eine Stimme geben)

Being separated from family members via separation, divorce or legal proceedings has become an increasingly common experience for many children. There is much debate about what is best for children in this context e.g. how to talk to them; who they should live with and how contact with an absent parent should be arranged. What is clear is that what they experience is a process rather than a single event. What this process means to them and how it is managed is crucial to their wellbeing. They may experience many anxieties such as what will happen to them, their parents, their siblings and their pets. It can also raise questions about other changes such as school and the effect on friendships. Much of this is happening within a context of their parents feeling undermined and vulnerable themselves. In our experience the children’s perspective can become lost during this process. In this paper I will describe ways of creating a context in which children might find their voice in this process and begin to make sense of their experience. In doing so, I will draw on my experience and that of others working at the Tavistock Clinic.

Die Trennung von einem Familienmitglied durch Trennung oder Scheidung der Eltern oder durch eine Gerichtsentscheidung ist eine Erfahrung, die insgesamt immer mehr Kinder machen. Es gibt eine umfassende Diskussion über Fragen, die in diesem Zusammenhang auftreten, z.B.: was ist in dieser Situation das Beste für die Kinder, auf welche Weise sollte man mit ihnen sprechen, mit wem sollen sie leben und wie soll der Kontakt zu Elternteil gestaltet werden, bei dem sie nicht leben. Deutlich wird, das sie einen Prozess erleben und nicht eine einzelne Situation. Welche Bedeutung dieser Prozess für die Kinder hat und wie er gehandhabt wird, ist entscheidend für ihre Gesundheit. Sie können große Unsicherheit erfahren hinsichtlich dessen, was mit ihren Eltern, ihren Geschwistern und ihren Haustieren passiert. Sie stehen außerdem vor der Frage, ob sie die Schule wechseln müssen und ob damit ihre Freundschaften auseinander gehen. Diese Fragen stellen sich in einer Atmosphäre, in der die Eltern sich selbst auch untergraben und verletzt fühlen. Unseren Erfahrungen nach kann es passieren, dass die Perspektive der Kinder in einem solchen Prozess aus dem Blick gerät. Ich beschreibe verschiedene Möglichkeiten, einen Kontext zu schaffen, in dem Kinder ihre Stimme wiedergewinnen und ihre Erfahrungen einen Sinn bekommen. Dabei werde ich meine Erfahrungen und die meiner KollegInnen aus der Tavistock Clinic einfließen lassen.

Heiner Krabbe (D): Marriage Mediation - New Fields for Family Mediation (Ehe-Mediation - Neue Felder in der Familienmediation)

Mediation not only refers to psychological methods and techniques, but rather has its roots in systems theory. The connections between the two can be observed regarding theory, philosophy and language. Just as systems theory, mediation deals with encouragement of autonomy, support of the differences of each single system, development of alternatives and feedback processes. The mediator acts as a catalyst, neutral to all systems and subsystems and intervening with the aim of enabling all members to solve their problems on their own.

Die Mediation bezieht sich nicht nur auf psychologische Methoden und Techniken, sondern hat ihre Wurzeln vielmehr in der Systemtheorie. Bis in die Theorie, Philosophie und Sprache zeigen sich Zusammenhänge. Wie in der Systemtheorie geht es in der Mediation um die Förderung von Autonomie, die Unterstützung der Unterschiedlichkeit jeden einzelnen Systems, um die Entwicklung neuer Möglichkeiten, um Feedback-Prozesse. Die Rolle des Mediators wird dabei als Katalysator verstanden, der Neutralität zu allen Systemen und Subsystemen hält und so intervenieren soll, dass die Systeme und ihre Mitglieder ihre Probleme selber lösen können.

top

SP13: Supervision and Coaching (Supervision und Coaching)

In recent years, systemic supervision and systemic coaching have developed into independent counseling concepts next to systemic therapy. Supervision, as counseling of counsellors, has long since been a common instrument of staff development for therapeutic and psychosocial professions. In the context of consulting, systemic supervision is a concept that has developed independently, and has been adapted to or is rather based on methodical elements of social work, communication and systems theory, and constructivism. In Europe, supervision has become increasingly important. This was the reason for the installation of special postgraduate studies for systemic supervision. Supervision as consulting of consultants is seen as a cybernetic of second order in the sense of systems theory and constructivism; i.e. a self-reflecting observation of observation. In recent years, systemic supervision has been complemented by systemic coaching, which has been established as a helpful counseling method in all fields of management. Due to its focus on solutions and goals, systemic coaching has a high affinity to short-time systemic counselling.

Systemische Supervision und Coaching haben sich in den letzten Jahren als eigenständige Beratungsansätze neben der systemischen Therapie entwickelt. Supervision als Beratung von Beratern ist in therapeutischen und psychosozialen Berufen seit langem ein gebräuchliches Instrument der Personalentwicklung. Im Kontext von Beratung ist die systemische Supervision ein Ansatz, der sich eigenständig entwickelt hat und Elemente aus den Methoden der sozialen Arbeit, der Kommunikations- und Systemtheorie und dem Konstruktivismus adaptiert bzw. auf ihnen gründet. In den letzten zwanzig Jahren erlebte systemische Supervision in Europa einen großen Bedeutungszuwachs, der dazu führte, dass eigene Weiterbildungsstudiengänge eingerichtet wurden. Supervision als Beratung der Beratung wird im Sinne der Systemtheorie und des Konstruktivismus als eine Kybernetik zweiter Ordnung verstanden, d.h. als eine selbstreflexive Beobachtung der Beobachtung. In den letzten Jahren wurde die Supervision ergänzt durch Coaching. Es hat sich als brauchbare Methode in allen Bereichen des Managements etabliert. Lösungs- und zielorientiert besitzt das systemische Coaching eine große Nähe zur systemischen Kurzzeitberatung.

Roswitha Königswieser (A): Systemic Coaching (Systemisches Coaching)

What is Coaching - One to one or Group-Coaching - which is useful when? Example of a Coaching project: The Audi CEO: One to one and Group Coaching at the same time. Summary

Begriffsklärung des Coaching – Einzel-, Gruppen-Coaching: wann passt was? Als Beispiel eines Coachingprojektes: Der Vorstand von Audi: Einzel- und Gruppen-Coaching parallel. Resümee

Jesús Hernández (E): Think Systemically, Act Communicative: the Word as an Instrument of Change in Supervision (Systemisch Denken, kommunikativ handeln: Das Wort als Instrument der Veränderung in der Supervision)

Social systems are built via communication processes. Living systems are also built by communication processes: Identity, self-image, mirror-image, life philosophies, beliefs, etc. arise within communicative processes with others and by others (society, reference group, class and family). Words - or language in general - are the vehicle through which human beings interact with each other, distinguish themselves from each other and control their relations. But at the same time, anybody´s word is becoming more and more individual in (post-) modern societies, and also more self-referential and self-distinguishing which means both an opportunity and an obstacle. The relation between supervisor/therapist and client shapes a system of communication that produces stability and at the same time creates a threat, which brings about the possibility of changing patterns of meaning by introducing (different) differentiating models of language.

Soziale Systeme konstituieren sich durch Kommunikation. Auch Menschen werden zu lebendigen Systemen durch Kommunikation: Identität, Selbstbild, Fremdbild, Weltanschauung, Glauben sind durch andere (Gesellschaft, Zugehörigkeitsgruppe, Klasse, Familie) kommunikativ entstanden und werden aufrechterhalten. Wort und Sprache sind Vehikel, durch die Menschen sich gegenseitig beeinflussen, sich abgrenzen und Beziehungen regulieren. Doch das Wort jedes einzelnen lebendigen Systems wird in (post-)modernen Gesellschaften mehr und mehr individuell, auto-referenziell und sich abgrenzend, was zugleich Hindernis und Chance darstellt. Auch die Beziehung zwischen Supervisor/In (bzw. TherapeutIn, BeraterIn) und KlientIn stellt ein Kommunikationssystem dar, das gleichermaßen Stabilität und Bedrohung beinhaltet. Gerade darum besteht die Möglichkeit zur Veränderung, wiederum durch (verschiedene) differenzierte Sprachen.

Jürgen Linke (D): Fields of Reflexion in Systemic Supervision (Reflexionsfelder in der systemischen Supervision)

In systemic supervision and counseling, one individual with his/her specific tasks in specific contexts is the focus of reflection. The connection of individual and task is provided by (among others) the professional role. The connection of individual and context is provided by communication and mutual interpretation. Among other things, this means to be conscious of one´s image. The connection of task and context is influenced by change. These and other aspects are presented in a model of spheres of reflection.

In der systemischen Supervision und Beratung steht die Person mit einer spezifischen Aufgabe in ihren Kontexten im Mittelpunkt der Betrachtung. Die Verbindung von Person und Aufgabe stellt u.a. die Berufsrolle dar. Die Verbindung von Person und Kontext ist die Kommunikation und die wechselseitige Interpretation. Die Passung von Aufgabe und Kontext wird vor allem durch den Wandel beeinflusst. Diese und weitere Aspekte werden in einem Modell systemischer Reflexionsfelder aufeinander bezogen und vorgestellt.

Vratislav Strnad (CZ): Narrative Supervision and Narrative Coaching - Presently Neglected Chances? (Narrative Supervision und narratives Coaching - bisher vernachlässigte Chancen?)

The narrative approach allows for an observation of the therapist/coach in a dilemma between two kinds of subjectivity: the first one is based on unique personal experience (personal subjectivity), the second one is derived from the loyalty to others and is functioning as an internalized social, psychological, and professional normative belief system (“learned” subjectivity). Thus, the task of the helper is to integrate both kinds of his/her subjectivity into one (or more) coherent story.

Der narrative Zugang ermöglicht es, die Person des Therapeuten/derTherapeutin bzw. des Coach in einem Dilemma zwischen der persönlich erfahrenen Subjektivität und der "erlernten" Subjektivität (z.B. Fremderwartungen und professionelle Normen) zu betrachten. Die Aufgabe des/der professionell Helfenden ist es, die “erlernte” professionelle Identität mit der subjektiven Erlebniswelt in eine (oder mehrere) sinnvolle Geschichte zu integrieren.

top

SP14: Creation and Construction of Systemic Social Work (Erzeugung und Konstruktion systemischer Sozialarbeit)

Von der Sozialen Arbeit zur systemischen Therapie und wieder zurück: Viele der Väter und Mütter der systemischen Therapie kamen ursprünglich aus der Sozialen Arbeit. In einer umgekehrten Bewegung greifen SozialarbeiterInnen heute den systemischen Ansatz begierig auf und integrieren ihn in ihrer alltäglichen Praxis. Dort therapieren sie nicht nur, sie beraten auch und informieren, begleiten und betreuen, kontrollieren und moderieren, vermitteln und versorgen. Systemische Grundhaltungen, Theorien und Methoden werden in den unterschiedlichsten Arbeitsfeldern und Settings der Sozialen Arbeit eingesetzt und weiter entwickelt. Es wird Zeit, diese neuen Ansätze einer „systemischer Sozialarbeit“ als eigenständige Konzepte zu begreifen – und uns zu fragen: Worin liegt die Besonderheit „systemischer Sozialarbeit“? Welche Folgen können systemisch-konstruktivistische Ideen im sozialarbeiterischen Denken und Handeln nach sich ziehen? Was bedeutet dies für die professionelle Identität? Welche Bedeutung kann dabei systemische Supervision bekommen? ReferentInnen und TeilnehmerInnen werden im gemeinsamen Dialog (sicherlich mehrere) Antworten auf diese Fragen finden und so ein wenig an der Kreation und Konstruktion zukünftiger systemischer Sozialarbeit(en) mitwirken.

From social work to systemic therapy and back: Many of the founding fathers and mothers of systemic therapy had originally been social workers. In a reverse move, social workers of today are increasingly working with a systemic approach and integrate this approach into their daily practice. This does not only include therapeutic work, but also advice and information, guidance and care, mediation and regulation. Basic systemic attitudes, theories and methods are used and further developed within the very diverse fields and settings of social work. It is now time to recognize these new “systemic social work” approaches as independent concepts and to find out about particular characteristics of “systemic social work”: What makes this approach so special? Which consequences can systemic-constructivist ideas have for theory and practice of social work? What does this mean with regards to professional identity? Which role could systemic supervision play in this context?
Presenters and participants will enter into dialogue to find (several) answers to these questions and thus contribute to the creation and construction of future systemic social work(s).

Käthi Vögtli (CH): …What if Social Work(ing) Would Become “Easier”? - … und wenn Sozialarbeit(en) “leichter” würde?

Insights into the workshop “Solution- and competence-oriented social work” at the School of Social Work in Lucerne, part of the University of Applied Sciences in Central Switzerland, and its effects and consequences. The implementation of this approach seems to make practical work “easier”, even though the complexity of practical work has increased in many cases. Graduates of this particular postgraduate course observe positive changes in their cooperation with clients, in their definition of their professional identity and in their wellbeing. They view themselves differently, are pleased about “feeling more successful” and prevention of burnout, as only two examples for positive effects.

Einblicke in die Werkstatt „Lösungs- und kompetenzorientierte Soziale Arbeit“ an der Hochschule für Soziale Arbeit Luzern und ihre Auswirkungen. Die Umsetzung dieses Ansatzes scheint die konkrete Sozialarbeit „leichter“ zu machen, auch wenn die Komplexität in der praktischen Arbeit oft zugenommen hat. Absolventen/innen des entsprechenden Nachdiplomstudiums z.B. berichten sowohl über positive Veränderungen in der Zusammenarbeit mit Klienten/innen, als auch in ihrem
professionellen Selbstverständnis und in ihrer Befindlichkeit. Sie positionieren sich anders, freuen sich über „mehr Erfolgserlebnisse“ und sprechen u.a. von „Burn-out-Prophylaxe“.

Heiko Kleve (D): Between Systems – Social Work as a Postmodern Profession (Zwischen Systemen – Soziale Arbeit als postmoderne Profession)

It is difficult to clearly locate social work as a profession in modern society. One reason for this difficulty could be the fact that this profession works between different systems, moderates and mediates between these and works on whatever these systems cannot solve anymore or cannot work on yet. Based on this assumption, social work could be seen as a postmodern profession – as opposed to traditional professions. In this context postmodernism is not to be regarded as a new epoch, but rather as a type of reflection and a state of mind (Lyotard), which discovers the boundaries of modernity and then reacts in a creative way. Such a postmodern profession particularly needs systemic knowledge and methods as well as traditional family therapy concepts and topical sociological system theory.
This will be the topic of the lecture and will be discussed drawing on practical examples.

Soziale Arbeit als Profession in der modernen Gesellschaft eindeutig zu verorten, ist schwierig. Diese Schwierigkeit könnte damit zusammenhängen, dass dies eine Profession ist, die zwischen den unterschiedlichsten Systemen steht, zwischen diesen moderiert und mediiert sowie das bearbeitet, was diese Systeme nicht mehr oder noch nicht bearbeiten können. Ausgehend von dieser These ließe sich die Soziale Arbeit – in Abgrenzung zu den klassischen Professionen – als eine postmoderne Profession bewerten. Die Postmoderne soll in diesem Zusammenhang jedoch nicht als neue, nachmoderne Epoche verstanden werden, sondern als eine Reflexionsform, als eine Gemüts- und Geisteshaltung (Lyotard), die die Grenzen der Moderne erkennt und kreativ auf diese reagiert. Dass für eine solche postmoderne Profession insbesondere systemische – sowohl klassisch familientherapeutische als auch neuere soziologisch-systemtheoretische – Wissens- und Handlungskonzepte geeignet sind, ist Thema des Vortrags und soll ausgehend von Beispielen aus der Praxis diskutiert werden.

Gabriele Buss-Schrey (CH): Network or Entangled?
(Vernetzt oder verstrickt?)

People living in residential care homes get in touch with different professions. They have to deal with different professional conceptions and ways of acting. Professionals working in these organisations face the same situation. They have to position themselves in different and often unclear co-operations. Difficult situations, which involve one person after another in the hope of finding the “right” one, lead to (unnecessarily) higher complexity and entanglement. Systemic Social Education deals with this problem by providing orientation. According to the specific “case” a context of sense, meaning, accountability and procedures is negotiated, defined and embedded in a framework of meantime systems of action. With the help of involvement, co-operation and empowerment of involved persons, different systems are networked and differentiated. The cooperation between social worker und social educator in this network is crucial. This cooperation ensures that neither clients nor professionals get lost in complexity. The lecture will present systemic perspectives and solutions for residential care work.

Menschen in sozialpädagogischen Heimen haben mit verschiedenen Professionen zu tun und werden mit unterschiedlichen Konzepten und Handlungslogiken konfrontiert. Den Sozialpädagogen im Heim ergeht es nicht anders. Auch sie müssen sich in verschiedenen, oft uneindeutigen Kooperationen verorten und legitimieren. Wenn in kritischen Situationen eine Person nach der anderen involviert wird, in der Hoffnung, irgendwann bei der „Richtigen“ zu landen, wird Komplexität unnötig erhöht und Verstrickung sichtbar. System-orientierte Sozialpädagogik begegnet diesem Problem als Orientierungshilfe. In zwischen-zeitlichen Aktionssystemen werden Sinn- und Bedeutungszusammenhänge, Verantwortlichkeiten, Verfahrensfragen etc. entlang des „Falles“ ausgehandelt und festgelegt. Durch gezielte Einbindung, Kooperation und Befähigung der Involvierten werden Systeme vernetzt und voneinander abgegrenzt. Eine zentrale Bedeutung hat die Kooperation von Sozialarbeitern und Sozialpädagogen. Sie stellt sicher, dass Klienten und Professionelle sich nicht in der Komplexität verlieren. Dieser Vortrag stellt systemorientierte Perspektiven und Lösungen in der stationären Sozialen Arbeit vor.

Kirsti Ramfjord Haaland (N): Supervision and Systemic Thinking (Supervision und systemisches Denken)

My presentation will focus on a model to improve and strengthen the relationship between social workers and their clients. This model was developed on the basis of a project aimed at finding appropriate ways of working with multi-problem families. The model involves the detection and study of positive experiences with clients, which are at the same time placed in a systemic framework. This is achieved by supervision which is both solution-focused and based on systemic theory.

Die Präsentation wird ein Modell vorstellen, mit dem die Beziehungen zwischen SozialarbeiterInnen und ihren KlientInnen verbessert und gestärkt werden können. Es entwickelte sich aus einem Projekt, das zum Ziel hatte, angemessene Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Multi-Problem-Familien zu entwickeln. Dabei werden die positiven Erfahrungen mit Klienten herausgearbeitet und untersucht – und zugleich in einen systemischen Rahmen gestellt. Ermöglicht wird dies durch eine Supervision, die lösungsorientiert und auf der Grundlage der systemischen Theorie vorgeht.

top

SP15: Culture and Family Therapy (Kultur und Familientherapie)

Migration affects millions of people in all European societies. Therefore, encounters with clients with a background different from their own has now become a daily and often challenging experience for therapists. This sub-plenary offers input and discussion about the demands which cross-cultural family therapy service faces in multicultural societies.

Millionen von Menschen in allen europäischen Ländern sind von Migration betroffen. Für TherapeutInnen ist daher die Begegnung mit Menschen aus einer anderen als der eigenen Kultur eine zunehmende und anspruchsvolle Erfahrung. Dieses Subplenum bietet Anregung und Diskussion zur Frage, welche Anforderungen sich eine kulturumfassende Familientherapie in multikulturellen Gesellschaften zu stellen hat.

Britt Krause (DK/GB): Does Culture Matter? Anthropological and Ethnological Dimensions of Systemic Psychotherapy (Ist Kultur wichtig? Anthropologische und ethnologische Dimensionen der Systemischen Psychotherapie)

Via constructionist and narrative approaches, systemic psychotherapy has moved towards relativism. Relativism is where anthropology and ethnography begin, but not where they end. Can systemic psychotherapy learn from anthropological theory and ethnographic practice? The presentation will explore these dimensions in relation to the development of an equitable and cross-culturally valid practice in contemporary systemic psychotherapy.

Konstruktivistische und narrative Ansätze haben die systemische Therapie mit relativistischen Konzepten vertraut gemacht. Relativismus ist zwar der Ausgangspunkt von Anthropologie und Ethnologie, aber nicht deren Ende. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie anthropologische Theorien und ethnologische Methoden zur Entwicklung einer angemessenen kulturübergreifenden Praxis in der aktuellen systemischen Psychotherapie beitragen können.

Sjoerd Colijn (NL): Migrant Adolescents in Therapy - Transcultural and Contextual Models of Therapeutic Change (Migrante Jugendliche in Therapie - transkulturelle und kontextuelle Modelle therapeutischer Veränderung)

In this presentation, three trans-cultural and contextual models for therapeutic change will be outlined. They originate from the scientific fields of anthropology, systemic thinking and social psychology. I will show how these models can be applied to psychotherapy of adolescent migrants, and will illustrate this application via the example of current cases.

In diesem Beitrag werden drei transkulturelle und kontextuelle Modelle für therapeutischen Wandel vorgestellt. Sie stammen aus den Feldern der Anthropologie, des systemischen Denkens und der Sozialpsychologie. Ihre Anwendungsmöglichkeiten für die Psychotherapie mit jugendlichen Migranten werden aufgezeigt und mit aktueller Fallarbeit illustriert.

Annette Kreuz (E/D): "Moving" families - "moving" (?) therapists: Between Motion and Emotion ("Bewegte" Familien - "Bewegende" (?) Therapeuten: Zwischen Lokomotion und Emotion)

From a country that supplied Northern European countries (especially Germany) with guest workers, Spain has developed into a country that has been receiving an increasing number of guest workers since the 1970s - mainly from South America, Morocco, and some of the former African colonies. Family therapists working with “immigrants” in different family constellations have to be able to cope with and manage strong emotions. Loss and separation, „being different” and/ or „behaving differently“(including speaking the same language differently), induce all kinds of circularities, especially if the therapist himself or herself is also a foreigner.

Spanien hat sich in den letzten 30 Jahren von einem Land, das Gastarbeiter nach Nord-Europa exportierte (vor allem nach Deutschland) zu einem Land entwickelt, das mehr und mehr Gastarbeiter importiert, vor allem aus Südamerika, Marokko, und einigen ehemaligen afrikanischen Kolonien. Die Therapeuten, die mit Immigranten in unterschiedlichsten Familienkonstellationen arbeiten, müssen mit starken Emotionen umgehen können. Verlust und Trennung, Anderssein, und/oder sich anders verhalten (einschließlich der unterschiedlichen Benutzung der Landessprache) induzieren alle Arten de Zirkularität, vor allem, wenn der Therapeut oder die Therapeutin selbst auch Ausländer ist.

Celia Falicov (USA): Migration, Ambiguity and Rituals (Migration, Ambiguität und Rituale)

Using concepts from family systems and narrative theory along with concepts from migration studies, this presentation will attempt to deepen our understanding of the ambiguities posed by migration. The emergence of „spontaneous rituals“ in the lives of immigrants will be focused on with a view to the utilization of these and other therapeutic rituals as generators of change when migration losses are compounded by significant life stressors.

Dieser Beitrag versucht, das Verständnis für die Ambiguitäten zu vertiefen, vor die uns Migration stellt. Die Referentin bezieht sich dabei auf Konzepte der systemischen Familienforschung, auf narrative Theorien und auf Migrationsstudien. Der Fokus wird auf das Entstehen „spontaner Rituale“ gelegt; auch im Zusammenhang mit der Frage, wie sich diese gemeinsam mit therapeutischen Ritualen nutzen lassen, um Wandel zu ermöglichen - insbesondere, wenn Verluste durch Migration mit signifikanten Lebensstressoren zusammentreffen.

top