Tuesday, August 12. 2008Luhmann über Ökologie, Wirtschaft und PolitikTrackbacks
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Beim Stöbern in Luhmanns Spezial schweiften meine Gedanken ab und ich fand mich wieder in einem Dialog über Kommunikation und Kommunikationstheorie, den ich vor ein paar Monaten mit einem Freund führte. „Kommunikation“ meinte er, sei auch „Verstehen, Rezeption und Selektion, womit er schon mal grundsätzlich recht hat.
Nun geht es mir im eigentlichen Sinne nicht um eine Abhandlung über die soziologische Begrifflichkeit von Kommunikation, sondern ich verstehe sowohl die soziologische Systemtheorie als auch den Kommunikationsbegriff in der Kybernetik als relevantes Hintergrundwissen für uns Systemtherapeuten. Es drängt sich mir eher immer wieder die Frage auf, wie sich der theoretische Überbau in die alltägliche Praxis integrieren lässt. Denn es ist so, dass ich seit zwanzig Jahren in Portugal lebe und meine in der portugiesischen Sprache kommunizieren zu können, will heißen, ich kann mich meinen portugiesischen Klienten gegenüber gut und verständlich ausdrücken, sie ebenso auch, meine ich, gut verstehen und doch zeigt sich mir in meiner familientherapeutischen Praxis auch immer die unterschiedliche Art und Weise, innerhalb der Kommunikation durch kulturell bedingte, angelernte Muster. An dieser Stelle schiebt sich mir Virginia Satir in den Vordergrund, deren Ansatz ja das Erkennen der unerwünschten Kommunikationsmuster und die Auflösung derselben ist. Nur sind sie ja nicht immer alle für Jeden gleich unerwünscht. Denn innerhalb der portugiesischen Gesellschaft zeigen sich oftmals andere Kommunikationsmuster wie in der deutschen. Und vor Allem ganz deutlich sehe ich die Unterschiede dann, wenn sich in der Paartherapie die spanische Ehefrau über ihren portugiesischen Mann bitter beklagt, dass er nicht in der Lage sei eine konstruktive Auseinandersetzung zu führen, sprich sie ist der Meinung er habe nie gelernt über seine Gefühle zu sprechen. Er meidet jegliche Art Konflikt behafteter Aussprache und zieht in kritischen Situationen für ein paar Tage aus der gemeinsamen Wohnung aus um in seinem ehemaligen Junggesellenappartement alleine zu sein. Auch zeigt sich bei diesem Paar die Schwierigkeit der nicht gemeinsamen Muttersprache und damit das Unvermögen nicht in der eigenen Sprache kommunizieren zu können und eben auch der unterschiedliche kulturelle Hintergrund. Es bestehen andere gesellschaftliche Tabus und Dogmen, das heißt Selektion und Rezeption divergieren oft und das Resultat sind Missverständnisse. Um an dieser Stelle noch mal auf Luhmann zurück zu kommen, so las ich kürzlich in Richard David Precht´s Buch (- Wer bin ich und wenn ja wie viele -) ist weitgehend egal, wer da kommuniziert. Entscheidend ist nur die Frage: Und er schreibt, dass in der menschlichen Gesellschaft Erwartungen ausgetauscht werden und es die Frage ist, wie sie ausgetauscht werden und welche Erwartungen es sind. Was bedeutet dies in der systemischen Praxis? Wir kommunizieren also Erwartungen und hoffen darauf, dass diese erfüllt werden, d.h. unser Verhalten wirkt sich dementsprechend auf das System: Paar, Familie, Gruppe, Gesellschaft, aus und diese Auswirkungen wirken dann wieder auf uns zurück. Wir stellen uns wechselseitig immer auf das ein was von uns erwartet wird oder was wir meinen, dass es von uns erwartet werden könnte. Das Tun des Einen bewirkt also immer ein Handeln des Anderen. Um dies wiederum auf mein vorher erwähntes Paar zu übertragen: Maria erwartet von Ricardo, dass er ihre Kritik an ihm, die sie ohne Punkt und Komma äußert, redegewandt und wortreich abschmettert (das wäre dem spanischen Naturell entsprechend) oder aber erklärt warum er so oder so handelt. Ricardos angelernte und kulturell bedingte Kommunikationsstrategie ist aber die des Leidenden oder allenfalls noch die des Dulders und er räumt das Feld wenn es ihm aussichtslos erscheint den Kommunikationskampf zu gewinnen. Von mir erwarten sie wohl beide, dass ich ihnen dabei helfe ihr gemeinsames Glück wieder zu finden. Dazu fällt mir dann wiederum eine Passage aus dem vorher erwähnten Buch von Precht ein: Liebe, so schreibt er, sei für Luhmann (- Liebe als Passion -) eine sehr seltene und deshalb unwahrscheinliche Form von Kommunikation. „Liebe ist demnach die ganz normale Unwahrscheinlichkeit, Comment (1)
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