Thursday, September 24. 2009
Die aktuelle Ausgabe des Online-"Journals für Psychologie" wird von Barbara Zielke & Thomas Slunecko mit dem Schwerpunktthema Dialog/Dialogizität herausgegeben. Mit dabei ist auch ein Originalbeitrag von Kenneth Gergen (in englischer Sprache). Im abstract heißt es: "Theorien sozialer Prozesse haben sich traditionell auf individualisierte Untersuchungseinheiten konzentriert, etwa auf die Person, die Gemeinschaft, die Organisation. Die Beziehungen zwischen den Einheiten werden dadurch marginalisiert und oft auf kausale Relationen reduziert. Nicht zuletzt aus diesem Grund erscheinen dialogische Prozesse bis heute nicht ausreichend theoretisch beleuchtet. Der vorliegende Beitrag analysiert zunächst einige vorliegende Theorien des Dialogs, um dann für die Konzeptualisierung des Dialogs als kollaborativem Handeln zu plädieren. Die Konstitution von Bedeutung wird dabei nicht dem Individuum und seinen Fähigkeiten, sondern dem kollaborativen Prozess selbst zugeschrieben. Die bedeutungsvollen (Sprech-)Handlungen der Dialogteilnehmenden sind mithin ko-konstitutiv und die Unterscheidung von Ursache und Wirkung wird obsolet. Der Beitrag diskutiert die Implikationen dieser Sichtweise unter Berücksichtigung kultureller und historischer Kontexte dialogischen Handelns." Zum vollständigen Text…
Thursday, September 17. 2009
 Carmel Flaskas (Foto: newspaper.unsw.edu.au) hat vor einiger Zeit (1999) einen interessanten Aufsatz veröffentlicht, in dem sie sich mit der postmodernen und sozialkonstruktionistischen Idee des Selbst als eines relationalen Phänomens, das sich in den sozialen Narrativen offenbart, kritisch auseinandersetzt. Sie plädiert gegen diese Konzeption für eine theoretisch flexiblere Option, nach der das Selbst sowohl als relational als auch als autonom in dem Sinne betrachtet werden kann, dass es auch eine vom sozialen Diskurs unabhängige Basis hat, als "a sense of a physical and emotional being, an embodied self, an experience of the autonomous self". Im abstract des Aufsatzes, der im Australian and New Zealand Journal of Family Therapy erschien, heißt es: "The task of theorising the self has been of little interest historically in systemic therapy, yet becomes more interesting in the postmodern turn to the narrative metaphor and social constructionist ideas. Within this frame, the self is theorised as relational, fluid, and existing in narrative. The ‘postmodern narrative self’ counters modernist assumptions of self as an autonomous and fixed ‘internal’ entity, and brings with it theory and practice possibilities. However, any theory also brings limits, and this paper explores the limits of the central ideas of the postmodern narrative self. Through questioning and discussion, an argument is made for holding a dialectic in our thinking about the relational and autonomous self, for acknowledging very real boundaries on the fluidity of self, and for thinking of narrative as one way of knowing self, rather than exclusively constituting the ‘being’ of self." Der Aufsatz ist online hier zu finden…
Monday, September 14. 2009
Seit langem beschäftigt sich Arnold Retzer mit der Frage, ob die Liebe eine ausreichender Kommunikationscode zur Absicherung dauerhafter Beziehungen darstellt oder ob Beziehungen mit intensiven Liebesanforderungen nicht auf Dauer überfordert sind. 2006 veröffentlichte er in der "Familiendynamik" einen Aufsatz über Freundschaft, die daraufhin untersucht wird, "ob sie geeignet ist, eine weitere Beziehungsform darzustellen, die in Paarbeziehungen praktizierbar ist. Dazu werden unterscheidende Merkmale von Freundschaft gesammelt und zu einem Kommunikationscode verdichtet. Abschließend werden die nun zur Verfügung stehenden drei Kommunikationscodes Liebe, Partnerschaft und Freundschaft zueinander in Bezug gesetzt." Der Aufsatz kann hier heruntergeladen werden…
Tuesday, September 8. 2009
 Auf der website des Management-Zentrums Witten ist ein aktueller Beitrag von Rudolf Wimmer aus dem neuen Heft der "Organisationsentwicklung" finden, der sich mit Change Management als Krisenbewältigung beschäftigt und auch die Rolle der Führung bei Veränderungsprozessen kritisch unter die Lupe nimmt: "Es ist eine beliebte Form der Komplexitätsreduktion, dass sich die Verantwortlichen für einen Changeprozess selbst von demselben unmittelbar nicht betroffen fühlen. Ändern müssen sich ja die anderen: die Führungskräfte der nächsten Ebenen, die Beschäftigten der umorganisierten Bereiche, die Mitarbeiter der bei einer Fusion zu integrierenden Einheiten, die Belegschaften des zu schließenden Standortes, etc. Dies bedeutet, dass die verantwortlichen Akteure das Veränderungsvorhaben auch als Nicht-Betroffene denken, sie sind ja in der Gestalterrolle und haben deshalb die Zukunft mental bereits vorweggenommen. Die Veränderungsanforderungen fallen bei den «Geführten» an; dort gilt es Bewegung zu erzeugen. Man selbst ist diesbezüglich außen vor. Diese auf einer beliebten Spaltung zwischen «Tätern und Opfern» aufsetzende Konstruk tion ist ein weiterer sehr häufig zu beobachtender blinder Fleck in organisationalen Transformationsprozessen. Ein Blick hinter die Kulissen aktueller Krisenbewältigungsstrategien liefert für diese Spaltungstendenz eine Vielzahl anschaulicher Beispiele." Zum vollständigen Text…
Saturday, September 5. 2009
 "Die Forschung über Armut und Arbeitslosigkeit auf der einen Seite und die Systemtheorie auf der anderen sind späte und recht unwahrscheinliche Bundesgenossen. Noch bis Mitte der 90er Jahre widmete die Systemtheorie weder der Armut noch marginalisierten Lebenslagen im allgemeinen besondere Aufmerksamkeit. Umgekehrt sind mir auch keine empirischen Forschungen auf diesen Gebieten bekannt, die sich auf die Systemtheorie gestützt hätten. Die Dinge änderten sich 1994/5, als Niklas Luhmann mehrere Aufsätze veröffentlichte, in denen er sich vor allem mit Erfahrungen in Lateinamerika auseinandersetzte. In diesen Aufsätzen bedient er sich an prominenter Stelle des Begriffs "Exklusion”, unter Hinweis auf die Favellas in lateinamerikanischen Großstädten, aber auch auf Bergarbeitergemeinden in Wales, die von den Bergwerksunternehmen aufgegeben wurden. Allerdings steckt in seiner Verwendung des Begriffs in diesem Zusammenhang ein kleines Rätsel. Luhmann stellt ihn als eine Art Entdeckung vor, zwar nicht unbedingt eine Entdeckung für ihn selbst, aber zumindest für eine Gruppe von Leuten, die er merkwürdigerweise die "Wohlgesinnten” nennt. "Zur Überraschung aller Wohlgesinnten muß man feststellen, daß es doch Exklusionen gibt, und zwar massenhaft und in einer Art von Elend, die sich der Beschreibung entzieht” (Luhmann 1995a, S. 147). Wer sind diese "Wohlgesinnten”, die von Luhmanns Entdeckung überrascht wurden? Tatsächlich war der Begriff "Exklusion” zu diesem Zeitpunkt in der europäischen Forschung über Arbeitslosigkeit und Armut bereits weit verbreitet. Dies gilt besonders für Frankreich, wo er weit über die akademischen Kreise hinaus von den Medien und der politischen Debatte aufgegriffen wurde. Unter dem Einfluß der französischen Diskussion hatte auch die Europäische Gemeinschaft den Exklusionsbegriff in ihren offiziellen Sprachgebrauch aufgenommen und seit 1989 sowohl ihre politischen Programme zur Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Armut als auch einen Teil ihrer Forschungsförderung unter das Motto "combat social exclusion” gestellt. Selbst in Deutschland, wo der Begriff sehr viel weniger Resonanz gefunden hat als in Frankreich, wurden während der 80er und frühen 90er Jahre mehrere Studien zur "neuen Armut” und den neuen Formen der Arbeitslosigkeit veröffentlicht, die das deutsche begriffliche Äquivalent für Exklusion, Ausgrenzung, einführten. Offenbar ist es also nicht so einfach, die wohlgesinnten Ignoranten bei denjenigen zu finden, die sich in der einen oder anderen Weise empirisch mit Armut und Arbeitslosigkeit beschäftigten. Auf der anderen Seite hatte die Systemtheorie ihrerseits bereits lange vor 1994 ein eigenes, ausgearbeitetes Konzept des Dualismus von Inklusion und Exklusion vorgelegt. Worin besteht dann aber die Entdeckung?" So beginnt Martin Kronauers (Foto: ipe-berlin.org) lesenswerter Text eines Beitrag für den internationalen Workshop "Exclusion. Theoretical and Empirical Problems”, der in Bielefeld am 17. April 1998 stattfand. Zum vollständigen Text…
Wednesday, September 2. 2009
Eve Lipchik (Foto: brieftherapynetwork.com) war von 1980 bis 1988 mit Steve de Shazer und Insoo Kim Berg Mitglied des Kernteams des Brief Family Therapy Centers in Milwaukee. Auf der website des brieftherapynetwork ist ein Interview aus dem Jahre 2003 mit ihr zu lesen, in dem sie Auskunft über ihre Vorgehensweise im therapeutischen Gespräch gibt, so etwa über das von ihr so genannte Dual-Track-Thinking: "Language is an interdependent action, and meaning is co-constructed. There can be no clear boundary drawn between therapist and client. However, the therapist, as a paid professional, has a role to fulfill in relation to clients that requires some self-reflection. “Paying attention” to understand what clients think, feel, want, and how they respond is one aspect of that role. Choosing a response to what is experienced in relation to the client is an equally important part of that role. I call the process of monitoring my own experience of my conversation with clients, and how to choose my responses, “dual track thinking.” I imagine that there are two tracks running through my head. One track registers my observations about the client and the other one my own reactions to what I observe. Those reactions include my honest feelings about the clients as well as myself." Zum vollständigen Text…
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