Thursday, June 25. 2009
 Heute vor 25 Jahren starb Michel Foucault. Obwohl alles andere als ein Systemtheoretiker, hat er dennoch den Diskurs der systemischen Therapie und der Familientherapie inspiriert, vor allem durch die Arbeiten des unlängst verstorbenen Michael White. Kürzlich ist in systhema ein (auch online verfügbarer) Beitrag von Kerstin Schmidt und Tanja Bous erschienen, die sich mit der Bedeutung des Foucaultschen Machtbegriffs für den systemischen Diskurs beschäftigten: "Über Macht als gesellschaftliches Phänomen gibt es so viele Sichtweisen, wie es Wirklichkeitskonstruktionen gibt. Eine für Systemiker besonders interessante Sichtweise ist die Machttheorie Michel Foucaults. Im Folgenden wird ein Transfer von ausgesuchten Ansichten Foucaults zu Systemischer Therapie und Beratung dargestellt. Der Artikel versteht sich als Anregung und Irritation: ein Schlüssel für einen verantwortungsvollen Umgang mit Macht liegt in einem differenzierten Verständnis und nicht zuletzt in der Loslösung des Begriffs von einer rein negativen Assoziation." Zum vollständigen Text…
Monday, June 22. 2009
 Zu dieser Frage hielt Jürgen Kriz am 13.2.07 bei der Westfälischen Akademie für Suchtfragen einen Vortrag, der auch im Netz zu finden ist (Danke an Iris Fischer für den Tipp). Zur Nützlichkeit von Forschungswissen für die therapeutische Praxis bemerkt Kriz: "Dazu zählt insbesondere die Frage, wie weit das Spektrum realer Behandlungen tatsächlich und hinreichend biasfrei im Spektrum dieser Forschung widergespiegelt wird. Und hier gibt es aufgrund von Interessenkonflikten erhebliche Zweifel. Denn Forschung richtet sich nicht nur wertfrei an inhaltlich relevanten Fragen der Kliniker bzw. an zu klärenden Fragen für die Patienten aus, sondern (…) Für Forschung von Psycho- und Sozialtherapie, Reha-Maßnahmen etc., die primär über universitäre/ öffentliche Mittel (incl. DFG, Stiftungen etc.) finanziert werden, gilt: • Es werden bevorzugt Fragestellungen erforscht, die im Rahmen von Diplom-, Doktor- und Habilitationsarbeiten angegangen werden und vergleichsweise schnell und einfach publiziert werden können, d.h. die in die universitären Karrierestrukturen passen. • Beispielsweise lässt sich eine spezielle Vorgehensweise (die dann dem Spektrum „VT“ zugerechnet werden kann) an einer speziellen Patientengruppe sehr gut im Rahmen einer Dissertation experimentell untersuchen. Die Wirkung einer langfristigen, kaum manualisierbaren Vorgehensweise – wie etwa der Langzeit-Psychoanalyse – lässt sich in diesem Rahmen praktisch so nicht untersuchen." Wer zu diesen und anderen Fragen Genaueres lesen möchte, kommt hier Zum vollständigen Text des Vortrages…
Thursday, June 18. 2009
Heute feiert der Sozialphilosoph und Gesellschaftstheoretiker Jürgen Habermas (Foto: Wikipedia) seinen 80. Geburtstag. Mit der Systemtheorie "verbunden" ist er seit der berühmten "Habermas-Luhmann-Debatte", die in den 70er Jahren eine beträchtliche Öffentlichkeit gefunden hat. Zum Geburtstag hier ein Hinweis auf einen Aufsatz von Manfred Füllsack, der bereits 1998 in "Soziale Systeme" erschien und auch im Internet zu finden ist, in dem Füllsack zu zeigen versucht, dass die Differenzen in der Theorie des Sozialen bei beiden Autoren "zwar grundsätzlich, nicht aber unüberwindbar sind": "Nach dreißigjähriger Laufzeit hat die Kontroverse zwischen Niklas Luhmann und Jürgen Habermas um einen zeitgemäßen Zugang zum Sozialen offensichtlich nichts an Aktualität  eingebüßt. Auch in seinem jüngsten opus magnum, der „Gesellschaft der Gesellschaft“, bezieht Luhmann in zahlreichen Anmerkungen und Verweisen gegen die subjektzentrierte Vernunftkonzeption von Habermas Stellung, die für ihn, indem sie in illegitimer Weise die Verwirklichbarkeit von Utopien suggeriert, statt zeitgemäße Soziologie zu betreiben, nur auf Vernunft zu „warten“ scheint. (1997: 1148) Obwohl sich Habermas zwar in seinem Spätwerk tatsächlich von der Soziologie eher ab und einer mehr philosophisch-normativen Erörterung der für moderne Gesellschaften noch gangbaren Integrationsmöglichkeiten zugewandt zu haben scheint, hält auch er es im Gegenzug nach wie vor für nötig, sich von der „systemtheoretischen Unterscheidungspoiesis“ Luhmanns zu distanzieren. (zuletzt etwa: 1996: 393ff). Obwohl die Heftigkeit der Kontroverse nicht zuletzt auch in der Wahl der sprachlichen Mittel zwar nun eine gewisse Konsolidierung gegenüber ihrem Beginn in den siebziger Jahren zu erfahren scheint, dürften die beiden Konzepte in der sozialwissenschaftlichen Theoriediskussion nach wie vor als weitgehend inkompatibel gelten. Gerade „Die Gesellschaft der Gesellschaft“ gibt aber, indem sie gewisse, freilich bereits auch im früheren Werk angelegte Züge der systemtheoretischen Konzeption mit neuer Deutlichkeit herausstellt, Anlaß, einen zweiten Blick auf Parallelen und Analogien von Diskurs- und Systemtheorie zu werfen. Dabei zeigt sich überraschender Weise, daß die Fronten so starr gar nicht sein müßten, daß sie vielmehr an sehr grundsätzlichen Stellen Möglichkeiten bieten, um die eine Konzeption in die andere überzuführen oder mit den Konsequenzen der einen an Prämissen der anderen gewissermaßen „interkonzeptuell“ anzuschließen." Zum vollständigen Text…
Wednesday, June 17. 2009
 "In einem interessanten Beitrag von Hans J. Pongratz (Foto: rosner-consult.de), der sich aus einem Vortrag für die ad-hoc-Gruppe “Soziologische Beratung” des Berufsverbands deutscher Soziologen e.V. am 16. September 1998 auf dem Soziologiekongress “Grenzenlose Gesellschaft?” in Freiburg im Breisgau entwickelt hat, plädiert dieser für eine beratungspraxeologische Integration von systemischen und herrschaftskritischen bzw. subjektbezogenen Theoriekonzepten in der Organisationsberatung: "Während die soziologische Diskussion von Organisationsberatung bisher vor allem auf systemtheoretische Ansätze Bezug nimmt, wird hier versucht, eine ergänzende subjektorientierte Perspektive unter Berücksichtigung herrschaftskritischer Positionen zu entwickeln. Denn typischerweise überlagern sich betriebliche Hierarchie und Beratungsauftrag in der Form, daß die Auftraggeber zugleich Vorgesetzte der zu beratenden (oder von Beratung betroffenen) Mitarbeiter sind. Um die Kooperation dieser Mitarbeiter im Beratungsprozeß zu erreichen, werden in den vorherrschenden Beratungsansätzen verschiedene Strategien vorgeschlagen: Autorität, Motivation, Partizipation, Neutralität. Angesichts der unvermeidbaren Verstrickung der Berater in Machtdynamiken wird hier hingegen für eine Verhandlungsstrategie plädiert, mit welcher – zusätzlich zum ‚Rahmenauftrag‘ der Auftraggeber – mit den betroffenen Mitarbeitern konkretisierende ‚Kernaufträge‘ ausgehandelt werden." Zum vollständigen Text…
Saturday, June 13. 2009
 Sina Farzin arbeitet als Soziologin an der Fernuniversität Hagen und hat ihre Promotion über die Rhetorik der Exklusion und Inklusion in der Systemtheorie verfasst, die im transcript-Verlag 2006 erschienen ist. Im aktuellen Heft von "Soziale Systeme" ist ein Beitrag zum gleichen Thema erschienen, der auch online gelesen werden kann. Ihr Ausgangspunkt ist dabei ihr  Befund der theoretischen Unterbestimmung des Exklusionsbegriffs in der Soziologie: "Während ich die Diagnose des Theoriedefizits der Exklusionsdebatte in der folgenden Argumentation teile, werden die Ursachen hierfür jenseits der diskursiven Vorgeschichte des Begriffs gesehen. Vielmehr nehme ich an, dass eine stringente Konzeptualisierung von Exklusion theorieintern auf Widerstände auflaufen muss, da sie die Frage nach der Grenze des Sozialen aufwirft. Am Beispiel des systemtheoretischen Exklusionsbegriffs wird mit Hilfe einer rhetorischen Analyse aufgezeigt, wie das Sprechen über soziale Exklusion von den grundlegenden systemtheoretischen Metaphern des Beobachters und der Grenze geformt wird und zugleich den Rahmen der herkömmlichen theoretischen Begriffsbildung verlässt. Vielmehr vollzieht sich eine Irritation der theoretischen Sprachroutine durch den Einsatz von Metaphern und Exempla zur Beschreibung von Exklusionsphänomenen, die eine Öffnung der Theorie für systematisch ausgeschlossene Wissensbestände ermöglicht, wie am Beispiel der Grenzmetaphorik gezeigt wird." Den scharfsinnigen Aufsatz zu lesen ist ein Vergnügen, denn eröffnet mit seiner Fokussierung auf die rhetorische Dimension im Werk von Niklas Luhmann vielfältige Perspektiven auf die zugrundeliegende Dynamik seiner Theoriebildung, die auch von allgemeinem Interesse für den systemtheoretischen Diskurs ist. Zum vollständigen Text…
Monday, June 1. 2009
 An der Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) in Salzburg nimmt heute, am 1. Juni dieses Jahres das „Institut für Synergetik und Psychotherapieforschung“ offiziell den Forschungsbetrieb auf. Es wird geleitet von Günter Schiepek (Foto). Mit dieser Initiative ist das erste Universitätsinstitut eingerichtet, das gesondert der Therapieforschung aus einer systemischen Sicht gewidmet ist. Das theoretische Fundament bilden dabei die Synergetik und die Theorien der Selbstorganisation. Auf solcher Basis gilt Psychotherapie „als prozessuales Schaffen von Bedingungen für die Möglichkeit von Ordnungs-Ordnungs-Übergängen zwischen Kognitions-Emotions-Verhaltens-Mustern eines bio-psycho-sozialen Systems in einem (als Psychotherapie definierten) professionellen Kontext“. Wie das, was diese Beschreibung zu bündeln versucht, sich im Alltag messen, einschätzen und prognostisch nutzbar machen lässt, ist Schwerpunkt der Arbeit des Instituts. Die dazu bereits entwickelten Verfahren des Real Time Monitoring und des Synergetic Navigation System dienen dazu, charakteristische zeitliche Muster von Veränderungsprozessen zu identifizieren. Neben Psychotherapie sind weitere Anwendungsbereiche in Planung, etwa Organisationsentwicklung und Management. Eine umfassende Kooperation zwischen einer Vielzahl von Kliniken und Institutionen ist europaweit eingestielt. Zu einem Überblick über Einrichtung, theoretische Grundlage und Projekte des Instituts geht es hier…
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