Rolf Balgo, Professor für Heilpädagogik an der Fachhochschule Hannover und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für systemische Pädagogik, hat für systemagazin das Buch "Integration. Inklusive Konzepte für Schule und Unterricht" der Lehrerin und Erziehungswissenschaftlerin Sabine Knauer rezensiert, das im vergangenen Jahr im Beltz-Verlag erschienen ist. Sein Eindruck: "Insgesamt betrachtet ist das Buch von Sabine Knauer aus meiner Sicht ein höchst reflexives Unternehmen, das nicht durch Trivialisierung auf endgültige und eindeutige Antworten oder auf eine Lösung aller Probleme angelegt ist, sondern das ehrlich, engagiert, kompetent und fundiert eine größtmögliche Vielfalt an Optionalitäten aufzuzeigen versucht. Dabei wird den Lesern ein anderer Blick durch die systemische Brille der Verfasserin ermöglicht, den sie folgendermaßen begründet: „Die systemüberwindende, synergetische Perspektive der Integrationspädagogik“ macht einen unablässigen Wechsel der Beobachtungsstandpunkte erforderlich, die ihrerseits eine stets neue Selbstverortung und kritische Selbstüberprüfung erfordern. Dieses Springen zwischen Standorten zieht notwendig ein fortwährendes selbstreferenzielles Sich-in-Beziehung-Setzen des Systems Integrationspädagogik sowie der sie vertretenden Personen zu den postulierten ethischen Werten nach sich; die damit verbundenen wellenförmigen Bewegungen der Destabilisierung und erneuten Ausbalancierung machen eine sensible Selbstwahrnehmung und eine Selbstthematisierung – vor allem in Hinblick auf grundlegende motivationale Beweggründe – unverzichtbar.“ Zur vollständigen Rezension…
Wer sich auf den Stand der aktuellen systemtheoretischen Debatten bringen wil, muss "Soziale Systeme" lesen! Nachdem die Zeitschrift für eine Weile ins Trudeln geraten war, weil keine Hefte mehr erschienen, haben es die Herausgeber mit einem publizistischen Kraftakt geschafft, nun auch einen vollständigen Jahrgang 2008 zu kommen. Und was für ein Jahrgang! Das Heft 1 (Heft zwei wird demnächst hier vorgestellt) befasst sich mit der heiklen Frage Niklas Luhmanns, ob es in unserer Gesellschaft überhaupt noch unverzichtbare Normen gebe und geben könne. Eine zentrale Frage angesichts der Herausforderung, vor die die Gesellschaft im 21. Jahrhundert angesichts unüberschaubarer Bedrohungen gestellt ist. Auf einer Metaebene läuft dabei aber auch die Frage mit, welche Werkzeuge und Perspektiven die Systemtheorie in der Beobachtung und Beantwortung dieser Frage zur Verfügung stellt und inwieweit sie dabei selber zum Problem wird. Die Positionen in diesem von William Rasch als Herausgeber verantworteten Heft, das zwei ins Englische übersetzte Arbeiten Luhmanns enthält (deren eine auch online zu lesen ist), gehen dabei in unterschiedliche Richtungen. So stellt beispielsweise Chris Thornhill fest: "In der modernen Gesellschaft hängt also die normative Funktion der Normen davon ab, dass sie durch ihr Schweigen die Differenzierung der Gesellschaft befördern und die eventuelle Konzentration der Gesellschaft auf normative oder politisch umstrittene Kontroversen verhindern. Luhmanns Frage, ob es unverzichtbare Werte gebe, kann also nicht entschieden und eigentlich gar nicht sinnvoll gestellt werden. Sie schreibt der Gesellschaft eine politisch zentrierte oder sogar exzeptionelle Gestalt zu, die sie tatsächlich nicht mehr annehmen kann." Theorie kann in diesem Kontext nur noch beschreiben, was passiert, aber nicht mehr Stellung nehmen. Costas Douzinas hält dagegen: "Die (falsche) asketische Verpflichtung allein zur Beschreibung, verbunden mit der Akzeptanz der bestehenden Gesellschaftsordnung, macht die Systemtheorie zu einem wertlosen Werkzeug in einem Prozess der Verbesserung der Gesellschaft. " Und Niels Werber geht noch weiter, indem er postuliert, "dass Luhmanns Plädoyer für ein „prinzipienloses Manövrieren“ im Falle von Ausnahmefällen die Systemtheorie erstaunlich nahe an amoralische Theorien heranrückt, wie sie in den USA besonders seit „9-11“ Konjunktur haben". Die Aufsätze sind sämtlich in englischer Sprache verfasst, "um die anglophone Welt zu ermutigen, sich mit Niklas Luhmanns Markenzeichen der Systemtheorie auseinanderzusetzen", wie Rasch in der Einleitung schreibt. Ein edles Unterfangen, was leider die Wahrnehmung dieser Texte in der deutschsprachigen Leserschaft wahrscheinlich schwächen wird. Immerhin gibt es zu allen Beiträgen auch deutsche Zusammenfassungen, die hoffentlich Lust auf die überaus spannende Lektüre machen. zu den vollständigen abstracts…
Mehdorn! Natürlich haben wir Verständnis dafür, dass Sie jetzt jede Menge um die Ohren haben und meinen, sich nicht auch noch um Ihr Unternehmen kümmern zu können. Dennoch muss die Frage erlaubt sein: Was ist eigentlich mit Ihrer Bahn los? Schon zweimal in den vergangenen vier Wochen mussten wir die schlimme Erfahrung machen, dass der Zug nicht nur pünktlich in Köln abfuhr, sondern auch alle Anschlussverbindungen funktionierten, so dass einer pünktlichen Ankunft nichts mehr im Wege stand. Sind Sie von allen guten Geistern verlassen? Noch schlimmer: es gab weder Doppelreservierungen noch fehlten die Wagen, für welche die Fahrgäste ihre Platzreservierungen vorgenommen hatten. Irre! Um dem ganzen die Krone aufzusetzen: keine schönen und poetischen Ansagen („wie wisch juh e pliesnt dschurneeh“) mehr, nur noch unangenehm korrekte Durchsagen in langweiligstem Schulenglisch. Ja sind Sie denn wahnsinnig? Wollen Sie den Ruf Ihres Unternehmens vollständig ruinieren? Da haben Sie jahrelang erfolgreich alle Kraft daran gesetzt, Ihre Firma (mit großem Abstand zu allen Konkurrenten) zur unangefochtenen Number One der unbeliebtesten Unternehmen zu machen - und dann gefährden Sie Ihren Spitzenplatz mit solchen Kinkerlitzchen? Da helfen leider auch solche Spielchen wie das spontane Vertauschen der Waggon-Reihenfolge und die kurzfristige Änderung der Bahnsteige nur wenig. Denn das traurige Ergebnis bleibt: der vollständige Zusammenbruch der Kommunikation im sozialen System ICE. Worüber soll man reden, wenn die Züge pünktlich sind? Worüber soll man lachen, wenn jeder seinen reservierten Platz auch tatsächlich einnehmen kann? Wie soll man Partner fürs Leben (oder für zwei Stunden) kennenlernen, wenn alles halbwegs klappt? Wer soll Gemeinschaft stiften, wenn die Bahn sich ihrer Integrationsfunktion verweigert? Worüber soll man sich ärgern, worüber weinen? Na also. Machen Sie endlich etwas! Hören Sie auf, die Telefonate und e-Mails Ihrer Mitarbeiter auszuspionieren! Hacken Sie lieber die Handys und Laptops Ihrer Kunden während der Fahrt! Installieren Sie Ihre Trojaner als Bildschirmschoner auf die Displays Ihrer Fahrgäste! Sorgen Sie verdammt nochmal dafür, dass Sie Nummer Eins der bad firms bleiben, die Konkurrenz schläft nicht. Und die Kreditinstitute sind Ihnen längst auf den Fersen! Mehdorn, übernehmen Sie! Diese Nachricht vernichtet sich nach 30 Sekunden selbst.
Auf der website der Systemischen Gesellschaft (SG) sind Fragen und Antworten zur Feststellung der wissenschaftlichen Fundierung der Systemischen Therapie durch den wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie im Dezember 2008 veröffentlicht worden, die erst einmal Klarheit in den aktuellen Stand der Dinge bringen sollen. Wer also wissen will, wer der WBP überhaupt ist, was er beschlossen hat, was dieser Beschluss bedeutet, ob eine Approbation mit der Weiterbildung in Systemischer Therapie erreicht werden kann und ob Chancen einer Abrechnung mit den Krankenkassen bestehen, kann sich hier informieren. Zum vollständigen Text…
In einem Online-Artikel des deutschsprachigen "China Observer" ist am 22.3. ein Artikel über die Verleihung des Sigmund-Freud-Preises an deutsche und chinesische Psychotherapeuten auf dem Weltkongress für Psychotherapie in Peking erschienen: "Bis in die späten Achtzigerjahre spielte die Psychologie in der Praxis kaum eine Rolle in China. Im Oktober 2008 erhielten deutsche und chinesische Psychotherapeuten in Peking auf dem Weltkongress für Psychotherapie den “Sigmund-Freud-Preis”. Dabei wurden ihre hervorragenden Beiträge im Rahmen eines langjährigen Ausbildungsprogramms in China gewürdigt." Im Mittelpunkt stand dabei die Aktivität von Margarete Haaß-Wiesegart (Foto: china-observer.de), die sich seit den 70er Jahren um einen deutsch-chinesischen Fachaustausch über die klinische psychotherapeutische Praxis bemüht hat. In der Systemischen Bibliothek im systemagazin ist ein Gespräch über die ersten Weiterbildungsprogramme in systemischer Therapie und die therapeutische Arbeit mit Familien in China zu finden, dass Bruno Hildenbrand und Tom Levold als Herausgeber von "System Familie" mit Margarete Haaß-Wiesegart, der damaligen Präsidentin der deutsch-chinesischen Akademie für Psychotherapie und Mitorganisatorin eines umfangreichen deutsch-chinesischen schulenübergreifenden Weiterbildungsprojektes, und Fritz B. Simon als aktivem Lehrtherapeut in diesem Projekt, führen. Auch wenn inzwischen neun Jahre vergangen sind und die deutsch-chinesische Kooperation auch in Psychotherapie-Fragen nicht mehr ganz so spektakulär wie in den 90er Jahren ist, bietet das Gespräch doch nach wie vor interessante Einblicke in die interkulturellen Schwierigkeiten und Chancen, die mit der Einführung systemischer Sichtweisen auf Kommunikationsprobleme in eine ganz andere Kultur verbunden waren (und sicher auch noch sind). Zum vollständigen Text…
Klaus G. Deissler ist hierzulande der exponierteste Vertreter des sozialen Konstruktionismus im Bereich Psychotherapie und Beratung. In seiner Reihe "diskursys", die im Bielefelder transcript-Verlag erscheint, ist 2006 der zweite von ihm heraugegebene Band zum aktuellen Thema der Beratung von Familienunternehmen und Unternehmerfamilien erschienen. Rezensent Lothar Eder schreibt zur Besonderheit dieser Konzeption: "Deisslers Herangehensweise weist seit vielen Jahren in seiner Fokussierung des Dialogs, der Polyphonie und des Aspektes des Postmodernen eine gewisse Eigenheit auf, die den einen als konzeptuelle Engführung, den anderen als das konsequente Einnehmen eines bestimmten (metatheoretischen und beratungspraktischen) Blickwinkels erscheinen mag. In jedem Fall ist sie gekennzeichnet durch eine hohe Originalität, die immer wieder dazu geeignet ist, zu einer anderen Betrachtung der Zusammenhänge und einer entsprechenden Herangehensweise zu kommen. Notgedrungen werden dadurch manch andere, dem systemischen Mainstream entsprechende Positionen ausgeblendet." Dennoch attestiert Eder dem Buch Übersichtlichkeit und Leserfreundlichkeit und empfiehlt ihn als als bereichernden Beitrag den interessierten Leserinnen und Lesern zur Lektüre. Zur vollständigen Rezension…
Schon im November wurde im systemagazin das Lehrbuch zur psychosozialen Arbeit von Sigrid Haselmann, Psychologie-Professorin an der Hochschule Neubrandenburg, besprochen. In diesem praxisorientiertem Handbuch wird mit Bezug auf die psychosoziale Arbeit im Arbeitsfeld Psychiatrie neben der subjektorientierten Sozialpsychiatrie die systemische Perspektive mit ihren anders gearteten Denk- und Vorgehensweisen vorgestellt. Nun haben sich zur Rezension von Anja Boltin noch zwei weitere Rezensionen von Jürgen Leuther und Gerhard Dieter Ruf hinzugesellt, was den Lesern einen umfassenden Eindruck vom besprochenen Buch erlaubt. Zur vollständigen Rezension…
Der schön gemachte Blog homosociologicus.de hat auf eine Vorlesung von Katherine Newman aufmerksam gemacht, die von ihren Untersuchungen über verschiedene Amokläufe von Schülern in den USA handelt. Im Blog heißt es: "Katherine Newman hat in den USA etwas getan, was uns in Deutschland noch bevorsteht. Sie hat eine exzellente Studie und eine mehr als hörenswerte Rede erarbeitet, was genau die Menschen kennzeichnet, die “Amok laufen”. Sie stellt fest, dass diese Menschen in vielerlei Hinsicht genau so sind, wie ihre Mitschüler. Das macht sie auch so unsichtbar. Darüber hinaus leben sie in einer Region, in der es keine “bösen Menschen” geben darf. Sie wachsen in den unterschiedlichsten Regionen auf, aber das, was die Medien letzten Endes als “Amoklauf” oder “rampage shooting” bezeichnen, geschieht in einer ruhigen und “perfekten” Gegend. Wie kommt das zu Stande? In etwas weniger als einer Stunde fasst Katherine S. Newman ihre Ergebnisse zusammen, wer wann wie und wo Amok läuft."
Heinrich Tessenow (1876-1950) war ein namhafter Architekt und Hochschullehrer und ist insbesondere für die Umsetzung des Reformgedankens in der Architektur bekannt geworden, ein Konzept der Kritik an der Industrialisierung beziehungsweise an Materialismus und Urbanisierung, die mit dem Leitmotto „Zurück zur Natur" charakterisiert werden könnte. Seit 1963 wird jährlich die Heinrich-Tessenow-Medaille verliehen, "im Gedenken an den großen Architekten, Baumeister und Hochschullehrer, europäischen Persönlichkeiten zuerkannt, die Hervorragendes in der architektonischen, handwerklichen und industriellen Formgebung und in der Erziehung zu Wohn- und Baukultur geleistet haben, oder deren Wirken dem vielseitigen Lebenswerk Heinrich Tessenows entspricht", wie es auf der website der Tessenow-Gesellschaft heißt. In diesem Jahr ist der bedeutende und auch hierzulande prominente Soziologe Richard Sennet (* 1943) zum Preisträger gewählt worden. Heinz Bude, Soziologie-Professor in Kassel, hat die lesenswerte Laudatio gehalten, die am Wochenende in der TAZ veröffentlicht wurde: "Vielleicht kann man das Werk von Richard Sennett als Antwort auf eine "geistige Situation der Zeit" nehmen, wo wir begreifen wollen, was uns in dieser Periode des Flexiblen Kapitalismus ergriffen hat, die mit einem Schlag vergangen zu sein scheint. Wir fragen uns, wozu wir uns durch "Plastikwörter" wie Globalisierung, Digitalisierung und Individualisierung haben verleiten lassen. Natürlich hat sich dadurch, dass wir relativ mühelos überall hinreisen können, dass wir Sushi, Yoga und Buddhas ins Normalprogramm der Lebensführung aufgenommen haben, dass wir sofort über Bilder von jedem Erdbeben verfügen können, unsere Welt verändert. Natürlich hat uns das Internet ganz andere Kommunikationsmöglichkeiten eröffnet. Und natürlich wollen wir alle einzigartige und unaustauschbare Individuen sein und uns nicht mehr als Repräsentanten von Großgruppen ansprechen lassen. Aber die Tatsache, dass sich uns durch den globalen Massentourismus, den globalen Massenkonsum und die globalen Massenmedien viele neue Türen öffnen, kann doch nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir immer nur durch eine einzige gehen können. Die Tatsache, dass wir uns über Facebook viele neue Freunde ansichtig machen können, wirft andererseits die Frage auf, was ein wirklicher Freund ist. Hilft uns Richard Sennett, wenn sich heute die Frage nach Lebensformen der Existenz, der Freundschaft und der Treue stellt? Ich glaube, ja, und ich will das an drei Begriffen zeigen, die sich durch das Werk von Richard Sennett ziehen: dem Begriff des Charakters, dem Begriff des Respekts und dem des Handwerks." Zum vollständigen Text…
Im November berichtete systemagazin über die Online-Untersuchung des "forum humanum", mit dem Menschen in Organisationen über ihre Zufriedenheit mit ihrer aktuellen Berufstätigkeit wie auch mit ihrer professionellen Entwicklung Auskunft geben können. Die Ergebnisse wurden auf der letzten Tagung des "forum humanum" vorgestellt und werden in einer Presseerklärung zusammengefasst, die im systemagazin zu lesen ist. Zum Text der Presseerklärung…
Das neue Heft der „systhema“ hat sich das Thema „Den Umständen zum Trotz - Systemisches und ressourcenorientiertes Arbeiten mit Familien in schwierigen Lebensbedingungen“ ein zweites Mal vorgenommen. Schön, dass die Herausgeber einen bislang noch nicht im Deutschen erschienenen Aufsatz des im vergangenen Jahr verstorbenen Michael White in diesem Heft präsentieren. Cornelia Tsirigotis fasst die Beiträge des Heftes in ihrem Editorial so geschickt wie knapp zusammen: Michael White „beschreibt, wie die Kompetenzgeschichten, die von der Traumageschichte überdeckt werden, in der therapeutischen Arbeit mit traumatisierten Kindern wieder entdeckt und erschlossen werden können. Hans Lieb widmet sich Krisen und ihrer Bewältigung, im ersten Teil in diesem Heft (geht es) um schöpferische Prozesse, die in oder aus Krisen entstehen können und die damit einhergehenden primären Gefühle. Susanne Stange, Friedhelm Topp und Ingo Spitczok von Brisinski fördern Resilienz in ihrer an Ressourcen orientierten Arbeit auf der Eltern-Kind-Station. Um Kinder, die gestorben sind, geht es Ruthard Stachowske, wenn er versucht, die Arbeit von Jugendämtern in einen systemischen Kontext zu stellen. Auch die Erfahrungsberichte zeugen von einer Vielfalt von Lebenslagen und Ausgangspunkten darin für ressourcenorientiertes Arbeiten: Betty Losehelder sucht mit Jungen und Playmobilfiguren nach Vätern, Hans-Georg Pflüger stärkt Eltern in der schwierigen Lebenslage „Pubertät ihrer Kinder“, Katharina Loerbroecks lässt das Reden übers Geld zu Ressourcen werden und Hede Andresen-Kühn entdeckt am Telefon Quellen zum Coachen von Familien. Auch standespolitisch stellt sich die Ressourcenfrage: Hans Schindler kommentiert die Lage.“ Zu den vollständigen abstracts…
Dieses (die Leser auf eine komplexe Lektüre vorbereitendes) Motto hat Felix Tretter, Neurologe und Chefarzt der Suchtabteilung des Bezirkskrankenhauses München Haar sowie Inhaber dreier Doktortitel, seinem neuen Buch über die "Ökologie der Person. Auf dem Weg zu einem systemischen Menschenbild" vorangestellt. Das ist vor dem Hintergrund eines systemtheoretischen Diskurses, der sich zunehmend von der Idee des Menschen (und damit jeder Anthropologie) zugunsten einer reinen rekursiven Operationalität der Beobachtung und Kommunikation verabschiedet, ein spannendes Konzept. Rezensent Wolfgang Loth hat das Buch mit gemischten Gefühlen gelesen: "Angesichts der zunehmend aufs Pragmatische ausgerichteten Neigung unserer Profession und angesichts eines Weges, der auf ihre Anpassung an ökonomistisch formulierte Sach-, Handlungs- oder Denkzwänge hinauszulaufen scheint, ist das ein notwendiges Signal, unter Umständen sogar ein ermutigendes. Es könnte jedoch von Vorteil sein, das aufrechte Anfechten von Simplifizierungstendenzen nicht mit einem Spaziergang zu verwechseln. Das vorliegende Buch ist dafür ein gutes Beispiel – im doppelten Wortsinn. Es ist ein gutes Beispiel, weil es redlich und klug das Aufzeigen der Komplexität der Aufgabe bewerkstelligt. Und es ist auch ein gutes Beispiel dafür, dass dies Mühe macht." Zur vollständigen Rezension…
Nach langen Jahren der Pause ist in diesem Jahr endlich wieder eine Rentenerhöhung in Sicht. Rund 20 Millionen Rentner in Deutschland können sich freuen. Besonders erfreulich ist die Tatsache, dass sich Rentner ab sofort die Rente bis zu einem Betrag von 20 Millionen Euro im Voraus auszahlen lassen können. Einer, der diese Gelegenheit als erster beim Schopf ergriffen hat, ist Klaus Z. (Foto: Deutsche Post) aus Köln. Der Frühpensionär und ehemalige Postbote, dem das Schicksal in den vergangenen Monaten schwere Prüfungen auferlegt hat, kann sein Glück noch gar nicht fassen: "Nachdem meine Ersparnisse durch die vielen zu begleichende Rechnungen fast aufgebraucht waren, kann ich die 20 Millionen wirklich gut gebrauchen. Immerhin hat die Regierung jahrelang nichts für uns Rentner getan. Da war es angebracht, mal ein Zeichen zu setzen". Aber Klaus Z. möchte seinen Reichtum nicht alleine genießen und hat sich deshalb die Einrichtung einer kleinen Familien-Stiftung vorgenommen. "Ideen habe ich schon genug", verrät der immer noch dynamisch wirkende Pensionär verschmitzt, "nun kann ich sie endlich auch verwirklichen". Ein Projekt, das dem reisefreudigen Postler besonders am Herzen liegt, sind Reiseführer etwas anderer Art. Als erstes Buch der Reihe "Mit meiner Rente unterwegs" ist ein Band über sein Lieblingsurlaubsland Liechtenstein geplant. Der Der Titel steht für ihn schon fest: "Seid umschlungen, Millionen. Stiften gehn mit Klaus Z.!" We wish you a pleasant journey…
Die Deutsche Gesellschaft für Systemische Therapie und Familientherapie (DGSF) hat jetzt ihr 3000. Mitglied aufgenommen. In der Presseerklärung des Verbandes heißt es: "Der kontinuierliche Mitgliederzuwachs des Verbandes seit Gründung im Jahr 2000 zeigt die Attraktivität des systemischen Ansatzes in so unterschiedlichen Arbeitsfeldern wie Psychotherapie, Soziale Arbeit, Pädagogik und Unternehmensberatung. (…) Die DGSF hatte anfangs rund 1300 Mitglieder. Sie ist entstanden im September 2000 aus dem Zusammenschluss des Dachverbands für Familientherapie und systemisches Arbeiten (DFS) und der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Familientherapie (DAF). Der Verband zertifiziert Systemische Therapeuten/Familientherapeuten sowie Systemische Berater und Systemische Supervisoren. Rund die Hälfte der Mitglieder der DGSF sind vom Verband als Systemische Therapeutinnen oder Therapeuten anerkannt. Unter den 3000 Mitgliedern sind neben Psychologen und Ärzten, die in freier Praxis oder in Institutionen Familientherapien sowie systemische Einzel- und Gruppentherapien durchführen, auch zahlreiche Pädagogen, Sozialarbeiter oder Angehörige anderer psychosozialer Berufe, die beispielsweise in Beratungsstellen, in Heimen, Kliniken oder Schulen systemisch arbeiten." systemagazin gratuliert zum Erfolg!
Nachdem vorgestern an dieser Stelle bereits ein Vorabdruck aus C. Otto Scharmers "Theorie U" zu lesen war, gibt es heute noch einen kleinen Nachschlag. Sein Text über "Presencing als evolutionäre Grammatik und soziale Technik für die Erschliessung des vierten Feldes sozialen Werdens" ist eine Übersetzung der Einführung der englischen Fassung seines Buches und in der Zeitschrift "Gesprächspsychotherapie und Personenzentrierte Beratung" 4/2007 erschienen: "Indem ich Sie zu diesem Feldgang einlade, werde ich mich auf drei Methoden beziehen bzw. sie einsetzen: Phänomenologie, Dialog und kollaborative Aktionsforschung. Alle drei beziehen sich auf den gleichen Kern: die wechselseitig verbundene Qualität von Wissen, Wirklichkeit und Selbst. Alle drei folgen dem Diktum von Kurt Lewin, dem Begründer der Aktionsforschung, dessen These lautete: „Du hast ein System nicht verstanden, solange Du es nicht verändern kannst.“ Jede der drei Methoden verfolgt einen unterschiedlichen Schwerpunkt: Phänomenologie setzt an der Perspektive der 1. Person (dem individuellen Bewusstsein); Dialog an der Perspektive der 2. Person (Felder der Konversation); und Aktionsforschung an der Perspektive der 3. Person (Hervorbringung von neuen institutionellen Mustern und Strukturen)." Zum vollständigen Text…
In Heft 2/2008 des Kontext erschien zum 70. Geburtstag von Wilhelm Rotthaus ein ausführliches Gespräch, das Wilhelm Rotthaus mit Tom Levold geführt hat. Auf der website der DGSF kann das Gespräch als Datei heruntergeladen werden. Zur aktuellen Situation um die Anerkennung der Systemischen Therapie sagt Wilhelm Rotthaus: "Ich glaube, wir haben angesichts der Tatsache, dass systemische Gedanken und Methoden zunehmend von anderen Verfahren vereinnahmt werden, richtig damit gehandelt, dem Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie die Expertise vorzulegen. Das ist unser Versuch, mit den anderen Verfahren auf eine gleichberechtigte Ebene gehen zu können. Schließlich haben wir etwas zu bieten, nicht nur eine bestechende Methodenvielfalt, sondern vor allem auch sehr eigenständiges Theoriekonzept, aus dem sich für die Therapie ungemein förderliche Haltungen, Einstellungen und Beziehungsgestaltungen ableiten. Und ich glaube, dass unsere Doppelstrategie, einmal den Klageweg zu beschreiten, den die SG ja nicht mitgemacht hat, und andererseits die Expertise dem Wissenschaftlichen Beirat vorzulegen, richtig ist. Ich sehe aber auch Gefahren. Angenommen, wir werden eine Anerkennung durch den Beirat erreichen und uns entschließen, den nächsten Schritt zum G-BA zu gehen, dann besteht natürlich eine Gefahr, dass wir uns zu sehr an das dominierende verhaltenstherapeutische Modell anschließen könnten, das sich ja im Methodenpapier und den neuen Verfahrensregeln des Beirats und des G-BA durchgesetzt hat – wobei mir völlig unverständlich ist, dass die Psychoanalytiker dazu geschwiegen haben; ob das eine kluge Strategie war, das so laufen zu lassen, bezweifle ich. Auf jeden Fall werden wir darauf aufpassen müssen, wie wir unsere Essentials bewahren können und trotzdem mit diesem System irgendwie in Kooperation kommen." zum vollständigen Interview…
"Von der Systemtheorie wissen wir, dass, wenn ein System einen Schwellen- oder Bifurkationspunkt erreicht, ein sehr kleiner Unterschied die Richtung des zukünftigen Weges bestimmt. Wenn unsere Gegenwartszeit eine solche Schwellensituation für das globale System darstellt – wie viele Menschen, die von ihrem Herzen her handeln, bräuchten wir, um eine gemeinsame Gegenwärtigkeit, um einen globalen Umbruch zu inspirieren? Oft wird berichtet, dass die gewaltigen Umbrüche der Renaissance von einer Kerngruppe aus nicht mehr als ungefähr 100 Menschen geschaffen worden sind. Die Kerngruppe der Bauhausbewegung war sogar noch viel kleiner, vielleicht etwa ein oder zwei Dutzend Menschen im inneren Kern der Bewegung. Wir wissen nicht, wie viele Menschen wir benötigen, um zu Beginn unseres Jahrhunderts einen globalen Umbruch zu initiieren. Vielleicht 50, vielleicht 100 Menschen, wenn diese Menschen sich wirklich verbinden und durch die richtigen Infrastrukturen miteinander in Beziehung stehen. Wenn die in diesem Buch beschriebene soziale Technologie ein Hebel ist, was wäre der beste Hebelpunkt? Wo können wir ansetzen? In meinen Augen sind es vor allem zwei Mängel, die unser augenblickliches System in alten Mustern gefangen halten: Was fehlt, sind Infrastrukturen für Innovationen und eine Kerngruppe, die sich als Vehikel einer globalen Bewegung für zivilisatorische Erneuerung von innen heraus versteht." Wer solche Sätze liest, denkt nicht unbedingt sofort an einen Menschen als Autor, der als Berater Kunden wie Daimler oder Google nennen kann. C. Otto Scharmer hat als "Gründungsstudent" am Aufbau der Universität Witten/Herdecke teilgehabt und ist ein gutes Beispiel dafür, wie Universitäten von einem Konzept profitieren können, das nicht die Produktion von Fachidioten zum Ziel hat. Mittlerweile ist Scharmer am MIT in Cambridge beschäftigt und als Berater weltbekannt. Sein Plädoyer für eine nachhaltige Investition in zukunftsbezogene, partizipationsorientierte Innovationen in ökonomische, politische und kulturelle Infrastrukturen ist nun auf Deutsch im Carl-Auer-Verlag erschienen und (auch wenn in der Management-Reihe erschienen) bei weitem mehr als eine Lektüre für Führungskräfte. Warum? Weil es einen Optimismus ausstrahlt, der nicht (primär) auf den technischen Fortschritt setzt, sondern auf die Kraft, die die Vernetzung von Menschen in unterschiedlichen Kontexten beflügeln kann. Im systemagazin erscheint als Vorabdruck der ermutigende Epilog des Bandes, der dieser Tage auch im Buchhandel zu erhalten ist. Zum vollständigen Text…
Die wunderbare NDR-Extra3-Redaktion beschäftigt sich immer wieder liebevoll mit dem unbeliebtesten Führer unserer Zeiten. Ein Anlass, auf diesen schönen Beitrag über H&M hinzuweisen