Wednesday, July 30. 2008
 Ingo H. de Boer hat ein Genogramm-Programm für Windows geschrieben, das kostenlos auf seiner website heruntergeladen werden kann. WinGeno ist der Selbstdarstellung zufolge ein Computerprogramm zur grafischen Darstellung familiärer Konstellationen in Form eines Genogrammes. Die Darstellung einzelner Familienmitgliedern richtet sich nach den gängigen Symbolen. Die Benutzeroberfläche ist nach Bedarf Deutsch oder Englisch. Die Genogramme können in verschiedene Bildformate exportiert oder auch direkt in Office-Anwendungen kopiert werden. Als Mac-User kann ich die Qualität des Programmes selbst nicht beurteilen - wer es testen möchte, kann auf diesen Link gehen…
Sunday, July 27. 2008
 Im November 2007 hat Karl Tomm in Wien ein Seminar zum Thema "Deconstructing Shame and Guilt, and Opening Space for Reconciliation through Apology and Forgiveness" gehalten. In der Zeitschrift der Wiener Lehranstalt für systemische Therapie, die auch online zu lesen ist, ist ein ausführlicher Seminarbericht von Iris Seidler erschienen, der sowohl das Verständnis von Scham, Schuld und Schande bei Karl Tomm wiedergibt als auch seine Vorgehensweise bei der Dekonstruktion von Scham und Schuld. Ein spannendes Thema! Zum vollständigen Text…
Wednesday, July 23. 2008
 Auf den "Nachdenkseiten" ist ein interessanter Vortrag zu lesen, den Mitherausgeber Wolfgang Lieb (Foto: Nachdenkseiten), von 1996 bis 2000 als Staatssekretär im Wissenschaftsministerium Nordrheinwestfalens tätig, an der Universität Bonn gehalten hat. Hier geht es um die vermeintliche Befreiung der Hochschulen aus der Aufsicht des Staates, die im wesentlichen auf eine Übernahme der Kontrolle an den Universitäten durch hochschulexterne Kräfte, vor allem der Wirtschaft, hinausläuft. Ausgedacht hat sich das alles u.a. das CHE (Centrum für Hochschulentwicklung), eine Organisation des Bertelsmann-Konzerns, die auch schon mal beim Gesetzeschreiben (und -Umsetzen) mithilft: "Im Mittelalter beherrschten die Kirche und die Monarchen die Wissenschaft und die Universitäten, im 21. Jahrhundert soll es wohl Bertelsmann sein. Eine neue Epoche der Aufklärung und eine politische Freiheitsbewegung für die Unabhängigkeit und Freiheit er Wissenschaft sind leider nicht in Sicht und Humboldt ist tot. Es gibt zwar vereinzelten Widerstand, vor allem in der Protestbewegung der Studierenden gegen die Studiengebühren, es gibt die sog. Beilsteiner Erklärung von Hochschullehrerinnen und -lehrer aus Heilbronn, Mannheim, Wuppertal, Dortmund, aus der Schweiz, Ungarn und den USA, die sich gegen eine „kulturelle Verarmung“ und für eine freie Forschung und Lehre 'zum Wohle der Allgemeinheit' aussprechen. Doch eine öffentliche Diskussion gibt es nur am Rande, wenig wahrgenommen von Menschen außerhalb der Unis und FHs. Das CHE ist quasi in das Kompetenzvakuum eines fehlenden Bundeshochschulministeriums gestoßen und füllt die in unserer Verfassung nicht vorgesehene Rolle eines Bundeshochschulministeriums aus – ein informelles Ministerium, das allerdings nicht dem Parlament sondern nur der Bertelsmann Stiftung rechenschaftspflichtig ist. Der Autor des Buches 'Hinter der Fassade des Medienimperiums' Frank Böckelmann, nennt das 'eine Privatisierung der Politik'. Zum vollständigen Text…
Monday, July 21. 2008
 Bereits 1998 hat Helmut Willke für die "Zeitschrift für Soziologie" einen Aufsatz über "Organisierte Wissensarbeit" verfasst. Seither sind zahlreiche Arbeiten zum Thema Wissen und Wissensgesellschaft von ihm erschienen. Im abstract des vorliegenden Aufsatzes heißt es: "Wissensarbeit wird zu einem soziologischen Thema, weil sie ein Kernelement der Morphogenese der Industriegesellschaft zur Wissensgesellschaft kennzeichnet. Das Thema Wissensarbeit wird darüber hinaus zum Anlaß für eine Revision der Theorie der Firma, weil sie im Kontext der Wissensgesellschaft von einer personengebundenen Tätigkeit zu einer Aktivität wird, die auf dem Zusammenspiel personaler und organisationaler Momente der Wissensbasierung beruht und weil organisierte Wissensarbeit den Prozeß des Organisierens nutzt, um Wissen zu einer für die Lern- und Innovationsfähigkeit von Organisationen kritischen Produktivkraft zu entfalten. Der Aufsatz skizziert einige Merkmale der sich formierenden Wissensgesellschaft, ebenso einige Merkmale intelligenter Organisationen, um dann diesen Rahmen für eine nähere Bestimmung von Wissensarbeit zu nutzen. Konkrete Formen der Wissensarbeit werden in Skizzen zu den Bereichen Unternehmensberatung und Finanzdienstleistungen illustriert. Als gesellschaftstheoretisch relevante Schlußfolgerung zeichnet sich ab, daß organisierte Wissensarbeit die schwindende Rolle der Nationalstaaten und nationaler Ökonomien in der Steuerung von Arbeit ebenso akzentuiert wie das zunehmende Gewicht des Produktionsfaktors Wissen." Zum vollständigen Text…
Thursday, July 17. 2008
Colin B. Grant ist Professor of Communication Studies. In einem spannenden (englischsprachigen) Aufsatz, der 2004 in "Soziale Systeme" erschienen ist, kritisiert er an Luhmanns Kommunikationstheorie, dass sie den sozialen Agenten zu wenig Aufmerksamkeit einräumt und daher zur Annahme überstabiler Systemgrenzen neigt, die durch das Postulat "binärer Codes" unterstützt wird. Er plädiert dagegen für größere Offenheit und "Porösität" des Kommunikationskonzeptes. Der Aufsatz ist auch online zu lesen. Im abstract heißt es:"Der folgende Essay handelt von einer kritischen Untersuchung der Beziehung zwischen Kommunikation und Unsicherheit im Kontext systemtheoretischer Überlegungen. Der Text verfolgt also das Ziel, an die von Dirk Baecker und Siegfried J. Schmidt und anderen initiierte kritische Reflexion anzuknüpfen, die im englischsprachigen Raum kaum Gehör gefunden hat. Es wird im folgenden argumentiert, dass Niklas Luhmanns Sozialtheorie – und zwar trotz seiner Behandlung von Unsicherheit – mit einer unzureichend komplexen Kommunikationstheorie operiert, die letztlich von überstabilen Systemgrenzen ausgeht. Da Luhmann Systemgrenzen nicht als flüssig konzipiert, werden kommunikative Sicherheiten im Sinne von binären Codes überbewertet. Diese Überstabilisierung von Kommunikationen rührt auch daher, dass Luhmanns Theorie sozialen Agenten bekanntermassen wenig Platz einräumt. Der Essay beginnt mit einer vorsichtigen Rekonstruktion der Grenze zwischen System und Umwelt und entwickelt anschliessend einen Vorschlag für unsichere Kommunikationen und unsichere Grenzziehungsoperationen in sozialen Systemen, dargestellt am Beispiel des heutigen ›Massenmedienterrorismus‹." Zum vollständigen Text…
Wednesday, July 16. 2008
 Im Open-Access-"Journal für Psychologie" 1/2007 hat Kerstin Zühlke-Kluthke über ihre Untersuchung erklärender Zuschreibungen von Partnern in konflikthaften und nach beendeten Partnerschaften beschrieben (Abb. storytellersnetwork.wordpress.com): "Das zentrale Ziel dieser Arbeit bestand darin, auffällige Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Ursachenzuschreibung bei konflikthaften und gescheiterten Paarbeziehungen basierend auf attributionstheoretischen Ansätzen aufzuzeigen. Die Methode des qualitativen Interviews mit Nachfragteil hat sich bewährt, solche Attributionen hervorzulocken. Gerade diese offene Herangehensweise in Verbindung mit attributionstheoretischen Aspekten unterscheidet diese Arbeit von anderen Untersuchungen zu Attributionstheorien. Obwohl durch die geringe Anzahl der Interviews je Gruppe nur ein kleiner Ausschnitt an Attributionen in konflikthaften und gescheiterten Partnerschaften gezeigt werden konnte, sind doch auffällige Übereinstimmungen und Unterschiede sichtbar geworden. Die Untersuchung zeigt, dass Partner die Handlungen des anderen subjektiv interpretieren entsprechend ihrem individuellen Beziehungskonzept und der eigenen sowie gemeinsamen Lern- und Lebensgeschichte. Für beide gibt es keine objektive Wahrheit, sondern nur subjektive Wirklichkeiten. Ähnlich wie Eva Wunderer (2003) den Beginn einer Liebe durch „verzerrte Wahrnehmung“ erklärt: „der oder die Geliebte werden als einmalig und allen anderen als meilenweit überlegen erlebt, obgleich die Unterschiede zum Rest der Menschheit vielleicht gar nicht so groß sind“ (Wunderer 2003, 32), werden möglicherweise auch konflikthafte und gescheiterte Paarsituationen verzerrt wahrgenommen, was sich in entsprechenden Attributionen niederschlägt. Die Wahrnehmung weicht auch in diesen Fällen von der Realität in eine Richtung ab, die das gegenwärtige Empfinden in der Partnerschaft verstärkt. Die Ergebnisse der Auswertung der Interviews lassen vermuten, dass konfliktbelastete Paare ungünstiger attribuieren: mehr individuelle Aspekte statt situativer Aspekte. Durch vermehrte Negativattributionen wird das negative Gefühl zum Partner aufrechterhalten. Gerade bei den Paaren, die konflikthaft zusammenleben und ihre Partnerschaft „retten“ wollen, bietet sich ein Re-attributionsverfahren an, was auf die Veränderung von Attributionen abzielt. Hier liegt die praktische Verwertbarkeit dieser Untersuchung." Zum vollständigen Text…
Sunday, July 13. 2008
 …oder komplett unterschiedliche Beratungsansätze? Eine trennscharfe Unterscheidung aufgrund theoretischer Texte ist nicht leicht. Aber was kommt heraus, wenn man (potentielle) KlientInnen vn Supervision und Coaching befragt? Diese Frage stellte sich Markus Ebner, Wirtschaftspsychologe sowie Trainer und Coach und führte eine interessante Untersuchung mit 160 Psychologie-Studierenden an der Universität Wien durch. Diese wurden aufgefordert, jeweils zwei Assoziationen zu Supervision und Coaching zu äußern und diese anschließend zu bewerten. Das interessante Ergebnis: Die Assoziationen zeigen nur einen geringen Überschneidungsbereich, nämlich "Hilfe" und "Beratung". Es fiel den Studenten leichter, Assoziationen zu Coaching zu generieren, die im übrigen eher entwicklungsorientiert waren, während sie Assoziationen zu Supervision stärker mit Kontrolldimensionen verbunden waren. Ebner hat seine Untersuchung auf dem bestNET.Kongress 2007 vorgestellt, sie ist auch online zu lesen, und zwar hier…
Tuesday, July 8. 2008
 Heute vor 115 Jahren kam Fritz Perls in Berlin zur Welt. Am 14.5.1970 ist er in Chikago gestorben. Friedrich Salomon Perls - auch Frederick S. Perls - begann 1913 Medizin zu studieren und schloss nach dem Krieg 1921 mit einem Dr. med. ab, um dann Neuropsychiater zu werden. Anfang der 1930er Jahre machte Fritz Perls eine Lehranalyse bei Wilhelm Reich. Er wurde Psychoanalytiker, entwickelte dann aber in Abgrenzung zur Psychoanalyse mit seiner Frau Laura Perls (geb. Lore Posner), Paul Goodman und anderen Mitarbeitern das spezifische erlebnisaktivierende Psychotherapieverfahren der Gestalttherapie (Informationen: Wikipedia). In einer umfangreichen Dissertation, die Bernd Bocian 2002 an der philosophischen Fakultät der TU Berlin vorlegte, untersucht der Autor die Lebenserfahrung und Theorieproduktion Fritz Perls in Berlin von 1893 bis zu seiner Emigration 1933. Sein "Beitrag zur deutschen Vorgeschichte und zugleich zur Aktualität von Gestalttherapie und Gestaltpädagogik" ist eine ausführliche und detaillierte Darstellung von Perls erster Lebenshälfte im politischen und wirtschaftlichen Kontext seiner Zeit, vor allem, was die Situation der Juden im Deutschen Reich betraf. In seiner Einleitung schreibt der Autor: "Zentrale Haltungen, Theorien und Methoden der Gestalttherapie beinhalten für mich wesentlich ein durch den deutschen Nationalsozialismus vertriebenes Erbe. Die oftmals fehlende Wahrnehmung dieses historischen Hintergrunds hat meiner Ansicht nach auch damit zu tun, daß innerhalb der Gestalttherapie hierzulande eine weitreichende Amnesie in Bezug auf die deutsche Vorgeschichte unseres Ansatzes existiert. Dies macht auch den gestalttherapeutischen Anteil an der deutschen Amnesie in Bezug auf die angesprochene Zeit aus. Was mit Fritz Perls 1933 aus Deutschland geflohen ist und was Deutschland verlorenging, sind im Kern die Erfahrungen der sogenannten expressionistischen Generation. Diese gesellschaftlichen Außenseiter und Pioniere der Moderne erlebten und erlitten den sich in Deutschland und speziell in der Metropole Berlin rasant durchsetzenden Modernisierungsprozess am bewußtesten. Auf vorgeschobenem Posten versuchten sie mit dem umzugehen, was von aktuellen Zeitdiagnostikern (z. B. Zygmunt Baumann, Ulrich Beck, Heiner Keupp) als Chance und Gefahr für die Identitätsbildung der Menschen in den heutigen Industrienationen benannt wird. Gemeint sind hier etwa Diagnosen wie Pluralität der Weltdeutungen und Sinngebungen und die Auflösung der traditionellen Einbindungen mit Druck und Möglichkeit zur individuellen Lebensgestaltung bzw. Selbstkonstruktion. Damals betraf dies eine kleine Gruppe, eben die Avantgarde. Heute stellen sich anscheinend diese „riskanten Freiheiten“ (Beck) einem wachsenden Teil der Bevölkerung. Vor diesem Hintergrund stellt sich für mich der Entwurf der Gestalttherapie als ein Antwortversuch konkreter Subjekte auf die Bedrohungen und Chancen eines Prozesses sozialpsychologischer Veränderungen dar, der andauert und seitdem immer größere Teile der Gesellschaft erfaßt hat. Perls ist mit einer Sozialisationsgeschichte in die Emigration gegangen, die er mit der damaligen Großstadtavantgarde teilte." Das ganze ist ungemein spannend zu lesen und ein schönes Beispiel für eine Psychotherapiegeschichte, die ihre gesellschaftlichen Umstände nicht aus dem Blick verliert. Zum vollständigen Text…
Friday, July 4. 2008
 "Morus Markard ist der letzte Professor, der an der Freien Universität (FU) Berlin Lehrveranstaltungen zur Kritischen Psychologie anbietet — und auch das nur per Lehrauftrag, der jedes Semester neu vergeben werden muss. Damit sollte nun nach dem Willen der FU Schluss sein. Begründung: Die FU müsse sich auf die neuen Bachelor- und Masterstudiengänge vorbereiten. Durch eine Protestaktion konnten die Studierenden dafür sorgen, dass Markard den Lehrauftrag noch mal bekam." So war im Februar 2007 auf der website keimform.de zu lesen. Schaut man auf der Uni-website nach, stellt man fest, dass Markard als außerplanmäßiger Professor im Arbeitsbereich Subjektforschung und Kritische Psychologie noch immer Lehrveranstaltungen anbietet. Auf der therapieschulenübergreifende Tagung "Das Unbehagen in der (Psychotherapie-)Kultur. Sinnverstehende Traditionen - Grundlagen und Perspektiven", die am 17. und 18. März 2006 in Bonn stattfand, stellte Markard seine "subjektwissenschaftlichen Überlegungen zum Verhältnis von subjektiver Erfahrung und wissenschaftlicher Verallgemeinerung" vor, die in einer überarbeiteten und erweiterten Fassung im Online-"Journal für Psychologie" 3/2007 nachzulesen sind. In dieser unbedingt lesenswerten Arbeit geht es um das Verhältnis von Begriffen und Erfahrung, um die Mitteilbarkeit von Erfahrung, über das Verhältnis von Theorie und Praxis und die Folgerungen für das Denken über Therapie, das sich nicht dem nomothetischen Ursache-Wirkungs-Paradigma der Mainstream-Psychologie unterwirft: "Die Gesellschaft ist zwar ein reales System, durch das die Lebenserhaltung des einzelnen vermittelt ist; Gesellschaft als System ist aber für sich genommen kein anschaulicher, kein unmittelbarer Erfahrungstatbestand. Gesellschaftliche Verhältnisse strukturieren, vermittelt über verschiedene – auch i.e.S. institutionelle – Subsysteme, die Lebenstätigkeiten, Denkweisen und Erfahrungen der Gesellschaftsmitglieder. Diese Strukturiertheit ist selber aber nicht anschaulich, sondern nur, wenn man so will, rekonstruktiv zu ermitteln. Was (jeweils) zu rekonstruieren ist, ist der Vermittlungszusammenhang zwischen unmittelbarer Lebenswelt bzw. unmittelbar gegebener Situation und dem diese umgreifenden und strukturierenden gesellschaftlichen System. In unserem Zusammenhang zentral ist, dass das gesellschaftliche System und seine institutionellen Subsysteme auch die unmittelbaren und in ihrer lebensweltlichen Unmittelbarkeit durchaus auch anschaulich anmutenden sozialen Beziehungen – unanschaulich – strukturieren. „Anschauliche“ soziale Beziehungen gehen in ihrer Anschaulichkeit nicht auf. Wie wir Männer, Frauen, Kinder wahrnehmen, hat biographische, situative und gesellschaftliche Dimensionen. Die Unanschaulichkeit von gesellschaftlichen Strukturen bedeutet eben keineswegs ihre Unerfahrbarkeit, sondern nur, dass Erfahrungen, sofern sie nicht auf diese Momente hin analysiert werden, unvollständig und schief analysiert werden. Wir müssen allerdings bedenken, dass es bezüglich dessen, was Gesellschaft ist, in welcher Art Gesellschaft wir leben, unterschiedliche, konkurrierende theoretische Rekonstruktionen und Reflexionen gibt. Daraus folgt, dass die Aufschlüsselung von Erfahrungen strittig sein muss. Ob man diese Gesellschaft als soziale Marktwirtschaft, als Risikogesellschaft, als Ambiente postmoderner Flaneure oder als ordinäre kapitalistische Barbarei betrachtet, ist umstritten, aber für die Aufschlüsselung von Erfahrung (bspw. von Arbeitslosigkeit oder Schulschwänzen) wesentlich, je nach Lage der Dinge auch praktisch relevant." Zum vollständigen Text…
Wednesday, July 2. 2008
 "Eine sehr alte, frühgriechische Tradition schweißt den Komplex ‚Gefühl‘ zusammen mit der Beobachtung von Körperzuständen. An Körpern zeigen sich Gefühle, nur so kann man sie an anderen Leuten sehen, und Gefühle überfallen und unterwerfen den Menschen, der im Grunde nur zuschauen, nur erleben kann, wie er überwältigt wird. Diese Sichtweise, die phänomenologisch überzeugen könnte, wird in der ersten griechischen Aufklärung aus Gründen, die sich hier nicht erörtern lassen, massiv verändert. Das Gefühl wird dem ‚Seeleninnenraum‘ zugeschlagen in mehr und mehr scharf ausgeprägter Differenz zum Körper. Es ist unkörperlich, fluidal und in Fortführung dieser Seelensemantik ‚energetisch‘ als dasjenige, was der Seele entspringt oder worin die Seele sich regt. Es ist in interiore hominis, im Innern des Menschen angesiedelt, eine Binnenvitalität, die das ‚Pneumatische‘ der Kognitionen an das Leben anschließt. Diese Vorstellung hält sich Jahrtausende durch und erstreckt sich in raffinierten, wenn auch zunehmend ausdünnenden Verästelungen bis in die Gegenwart hinein als eine Körperverdeckungsstrategie, die die Annahme, Gefühl sei etwa (nur!) die sozial konditionierte Registratur von Körperzuständen, als Absurdität erscheinen läßt…" So beginnt ein spannender Aufsatz von Peter Fuchs aus dem Heft 1/2004 von "Soziale Systeme", das dem Thema Systemtheorie und Gefühle gewidmet ist. Die Einleitung zu diesem Heft von Dirk Baecker " Wozu Gefühle?" ist übrigens ebenfalls online zu lesen. Zum vollständigen Text von Peter Fuchs…
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