Heute wäre Heinz Kersting 71 Jahre alt geworden. systemagazin erinnert an den Begründer und Herausgeber des Online-Magazins "Das gepfefferte Ferkel" mit einem Beitrag, den dieser im Jahre 2002 im gepfefferten Ferkel veröffentlicht und der Hochschullehrerin und Lehrenden Supervisorin Britta Haye, einer - so Kersting - "Meisterin der Beziehungen" gewidmet hat. Darin kritisierte Kersting die Vernachlässigung der affektiven Seite in der Theorie einer konstruktivistisch-systemischen Supervision und ermuntert "zu einem neuen Forschungsprogramm", das "mit Britta Hayes eigenen Worten umschrieben werden (könnte): Sensibilität entwickeln aus Reflexionen über die Beobachtung affektiver Beziehungen". Zum vollständigen Text…
am 10. Juni letzten Jahres wurde an dieser Stelle die DVD-Edition über die Organisation alternativer Schulerfahrungen von Reinhard Kahl mit dem Titel "Treibhäuser der Zukunft" besprochen. Im Sommer 2008 erscheint ein neues Medienpaket mit vier DVDs vom gleichen Autor zum Thema "Kinder", in dem es um das Lernen von Kindern an sich geht. Aus der Ankündigung: "Der Film ist dem Lerngenie der Kinder auf der Spur. Mehr als zwei Jahre lang haben Reinhard Kahl und sein Team Kinder in der Natur, in Kindergärten, Schulen und Forschungseinrichtungen begleitet. Aus mehr als 250 Stunden Beobachtungen ist eine Dokumentation von 90 Minuten entstanden. Man sieht einen „Tierfilm über Menschen.“ Aber anders als andere Tiere brauchen Menschen Kultur. Der Film zeigt die Entfaltung der „kulturellen Intelligenz“ unter anderem in der „Lernwerkstatt Natur“ in Mülheim an der Ruhr, in Daniel Barenboims Musikkindergarten Berlin, in der Schweizer Primaria, die Kindergarten und Schule integriert. „Eigentlich braucht jedes Kind drei Dinge“, sagt der Neurobiologe Prof. Dr. Gerald Hüther in KINDER!: „Es braucht Aufgaben, an denen es wachsen kann, es braucht Vorbilder, an denen es sich orientieren kann und es braucht Gemeinschaften, in denen es sich aufgehoben fühlt.“ Die Zuschauer erleben Kinder zum Beispiel beim Lernen in der Natur, in Forschungseinrichtungen oder im Musikkindergarten. Eindrucksvolle Bilder liefern wertvolle, aber auch überraschende Erkenntnisse über das Lernverhalten in den frühen Jahren." Die ersten 10 Minuten des Films können online betrachtet werden.
Über den Soziologie-Blog "Sociological Images" bin ich auf diese wunderbare Grafik "Brand your Day" gestoßen. Sie entstammt dem Blog dearjane, einer anonymen Frau aus dem Werbebusiness (ein Klick auf das Bild führt zur vergrößerten Version).
Nachdem Lothar Eder auf seinen Beitrag zur "Lehrbuchdebatte" eine Antwort von Jürgen Hargens bekam und gestern darauf noch einmal seine Argumentation bekräftigte, hat sich auch Jürgen Hargens noch einmal zu Wort gemeldet und Passagen aus dem Text von Lothar Eder kommentiert: "Lothar Eder hat Recht! Und ich auch! Und nun? Vielleicht ein Bob Dylan-Zitat: 'You’re right from your side, I’m right from mine. We’re both just one too many mornings an’ a thousand miles behind.' Ich danke Lothar Eder für seine Anmerkungen, denn das bringt mich immer wieder dazu, über Gesag-tes, Geschriebenes und anderes nachzudenken. Und das möchte ich nutzen - um einige meiner Ge-danken offen zu legen. Ich werde es so machen, dass ich Eders Text wiedergebe und einige meiner Reflexionen hineinschreibe. Das ist für mich am einfachsten. Zu meiner Absicht bzw. zu meinen Voraussetzungen: es geht mir nicht darum, herauszuarbeiten, was richtig (oder gar wahr) ist, sondern es geht mir einfach darum, auf Unterschiede aufmerksam zu ma-chen - Unterschiede, die auf den Unterschied von Epistemologie und Ontologie verweisen, so wie ich es bei Bateson verstanden habe. Epistemologie bezieht sich darauf, wie wir erkennen erkennen oder wissen, wie wir wissen. Ontologie bezieht sich darauf, gültige (richtige) Aussagen und Beschreibungen zu liefern." Zum vollständigen Text…
Wie wunderbar, dass die Debattenfreude im systemischen Feld anhält. Wer die Einträge der letzten Tage aufmerksam beobachtet hat, hat mitbekommen, dass ein Diskussionsbeitrag von Lothar Eder über die Nützlichkeit des Krankheitsbegriffs als Beitrag zur "Lehrbuchdebatte" mit dem Titel "Beim Kirschenklauen erwischt" eine Replik von Jürgen Hargens nach sich zog, mit dem Titel: Iss nicht so viele Kirschen, du verdirbst dir den Magen. Darauf antwortet wieder Lothar Eder mit einer Verteidigung seiner metapherntheoretisch begründeten Argumentation, dass der Körper dem sozialen Konstruieren eben bestimmte Grenzen setzt: "Phänomene unserer Erfahrung und auch die Sprache dafür, so sollte in Kürze gezeigt werden, orientieren sich an einer Grundmatrix, die vorgegeben ist, einer Art A priori, wie Kant es für die Zeit und den Raum als vorgegebene Prinzipien der Erkenntnis behauptet hat. Der Körper, unsere Körperlichkeit wäre folglich ein Bedeutungsspender, der Erfahrung und Sprache vorstrukturiert. Und auch wenn jemand diese These weit von sich weist, hat er oder sie damit eine mentale und sprachliche Operation vollzogen, die er (sie) nur mit Bezug auf den eigenen Körper tätigen kann. Denn: Gedanken und Gefühle kennen, da sie nicht-physischer Natur sind, keine räumliche Ausdehnung." Alle Leserinnen und Leser sind herzlich zur Teilnahme an der Diskussion eingeladen. Zum Text von Lothar Eder…
Nachdem Jürgen Rüttgers, Ministerpräsident von NRW, bereits in der vergangenen Woche betont hatte, dass eine Nominierung von Gesine Schwan als Kandidatin der SPD für die kommende Bundespräsidentenwahl "das Ende der SPD als staatstragende Partei" bedeute, legten heute nach Bekanntgabe der Kandidatur durch Kurt Beck verschiedene Unionspolitiker nach. Der Fraktionsvorsitzender der CDU, Volker Kauder, stellte fest, dass die Sozialdemokraten in ihrer über hundertjährigen Geschichte als vaterlandslose Gesellen nichts dazu gelernt hätten: "In schwierigen Zeiten, in denen es der Welt zu beweisen gilt, dass wir nur einen einzigen Präsidenten kennen, scheut sich die SPD nicht, mit den Kommunisten gemeinsame Sache zu machen und das das Ansehen des Amtes des Bundespräsidenten in den Schmutz zu ziehen". Der CSU-Vorsitzende Erwin Huber ging noch einen Schritt weiter, indem er die Einführung einer Gesetzesinitiative im Bundesrat ankündigte. Die Gesellschaft müsse sich wehrhaft gegen jede Form der Unterwanderung zeigen, auch und gerade von innen. Das Aufstellen einer Gegenkandidatin gegen den amtierenden und allseits beliebten Bundespräsidenten sei eine schlimme Beleidigung des Präsidenten. Sein Vorschlag zielt auf eine Änderung des Strafgesetzbuches. Im neuen § 95 StGB solle es zukünftig heißen: "Wer den Bundespräsidenten oder sein Amt durch Wort und Tat, insbesondere aber durch Gegenkandidaturen beleidigt, wird mit Gefängnis nicht unter zwei Monaten oder mit Festungshaft von zwei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Neben der Gefängnisstrafe kann auf Verlust der bekleideteten öffentlichen Ämter (sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte) erkannt werden." Mit diesem Paragraphen seien in der Vergangenheit bereits gute Erfahrungen gemacht worden. Schließlich gelte es, Verhältnisse wie in den USA zu verhindern, wo es bekannterweise seit langem jedem gestattet sei, sich für das Präsidentenamt bewerben zu dürfen, Frauen und Schwarze nicht ausgeschlossen. Wohin das führe, könne man gerade derzeit besichtigen. Er appellierte dringend an die SPD zur Umkehr. Anderenfalls sei nicht nur die Koalition in Gefahr. Die SPD müsste - zumindest in Bayern - mit einem Verbotsantrag rechnen, und zwar noch vor den dortigen Landtagswahlen.
Christel Hopf, Sozialwissenschaftlerin aus Hildesheim, beschäftigt sich in einem Vortrag aus dem Jahre 2005 mit der Bedeutung der Bindungstheorien für die Arbeit in Erziehungsstellen, insobesondere was die Arbeit mit misshandelten Kindern in sogenannten "professionellen Familien" betrifft. "Für die sozialwissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Kindern und Jugendlichen, die in Erziehungsstellen leben, folgt aus diesen Einsichten, dass es besonders wichtig ist, sich mit den sozialen und psychischen Folgen früher Beziehungsstörungen und Gewalterfahrungen in der Familie auseinanderzusetzen. Was geschieht mit einem Kind, das schon in seinem ersten Lebensjahr Opfer von Misshandlungen wird? Wie reagieren Kinder darauf, dass ihre Bezugspersonen für sie psychologisch nicht zugänglich sind, dass sie wenig Interesse an ihrem Kind haben? Was bedeutet der häufige Wechsel von Bezugspersonen für die kindliche Entwicklung? Ebenso wichtig sind im pädagogischen und praktischen Kontext selbstverständlich Fragen der Intervention. Wie können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Erziehungsstellen, die mit Forschungsergebnissen zu den Folgen früher Beziehungsstörungen und Gewalterfahrungen konfrontiert sind, mit diesen Erkenntnissen umgehen? Welche Schlussfolgerungen sind besonders wichtig? Was kann getan werden, um die in Erziehungsstellen lebenden Kinder und Jugendlichen in ihrer sozialen, emotionalen und kognitiven Entwicklung zu unterstützen?" Zum vollständigen Text geht es hier… Dazu passt ein Buch von Frank Natho über "Bindung und Trennung - von Eltern und Familie getrennt. Trauer- und Trennungsprozesse von Kindern und Jugendlichen professionell begleiten", das von Ursel Winkler besprochen wird: "Frank Natho fordert, dass professionelle Begleiter über ein Modell mit sinnstiftenden Interpretationsmöglichkeiten verfügen sollten, um Ordnung in die unübersichtliche Gefühlswelt der Kinder und Jugendlichen zu bringen – dieses rundum gelungene Buch kann entscheidend dazu beitragen und ist daher uneingeschränkt zu empfehlen." Zur vollständigen Rezension…
Rolf Balgo, Lehrer, Motopäde, systemischer Berater und Supervisor, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Sonderpädagogik der Universität Hannover, Abteilung Pädagogik bei Lernbeeinträchtigungen, hat im Jahre 2003 für das "gepfefferte Ferkel" eine provokative Gebrauchsanleitung verfasst, die jetzt auch in der Systemischen Bibliothek zu lesen ist: "Zur Umschreibung verschiedener Formen von mangelndem schulischen Lern- und Leistungsverhalten sprechen (Sonder-)Pädagogen vom Begriff der 'Lernbehinderung' und auch außerhalb des (sonder-)pädagogischen Fachdiskurses kennt jeder dieses Wort. Aber welche Schritte muss man vollziehen, um Lernbehinderung 'Wirklichkeit' werden und ihre Folgen entstehen zu lassen? Die sich anschließende Handlungsabfolge soll eine knappe, wenn auch polemisch gemeinte, systemische Bauanleitung geben". Und der Beitrag schließt mit den Sätzen: "Wenn wir bis zu diesem Punkt die Handlungsabfolge der Bauanleitung zur Konstruktion von Lernbehinderung einhalten, können wir sicherlich die öffentliche Meinung davon überzeugen, dass sie als ein gegebenes Faktum der Wirklichkeit hingenommen werden muss. Es muss uns dabei nur gelingen, die Spuren der einzelnen Schritte unserer Konstruktion so zu verwischen, dass unser zurückgelegter Weg im Dunkel bleibt. So können wir weiterhin mit Sachzwängen argumentieren und brauchen hinsichtlich unserer Erkenntnisse keine Verantwortung tragen, weil die Welt eben so ist, wie sie ist. Wie unbequem ist dagegen die Reflexion über die Bedingungen, die unser Handeln steuern, die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Sichtweisen und Handlungsoptionen sowie die persönliche Verantwortung für das eigene Tun und dessen Ergebnisse". Alles, was dazwischen entwickelt wird, lesen Sie hier …
Mit dieser Frage, die scheinbar harmlos daher kommt (glaubt doch jeder sofort, die einzig richtige Antwort geben zu können), beschäftigte sich Martin Lehnert in der Abschlussarbeit seines Sozialpädagogikstudiums. Dabei geht es ihm darum, wie das soziale Phänomen "Konflikt" denn überhaupt empirisch fassbar gemacht werden kann. Konflikt ist dabei für ihn weder an Akteure und Handlungen noch an Strukturen gekoppelt, sondern ein rein kommunikativer Vorgang. Wolfgang Loth schreibt in seiner Rezension: "Es bleibt wohl dabei, wer Luhmann-Spirit spürt, wird auch das spannend finden, was sich aus diesem Werk an weiterführender Diskussion ergibt, wenigstens abschnittweise. Und wem es fremd bleibt, der wird genügend Anlass finden, sich allein durch die elaborierte Sprachform „exkludiert“ zu fühlen, ausgeschlossen also, nicht eingeladen, und die Lektüre dieses Büchleins wäre dann vermutlich eine „dispräferierte“ Reaktion. So dürfte denn auch dessen (Nicht-)Rezeption ein schönes Beispiel für eine Konfliktbeobachtung sein, wenn auch vielleicht keine systemtheoretische, sondern eher eine motivationspraktische. Schade, wenn es dabei bliebe, denn eigentlich stellt Lehnert mit seinen Überlegungen recht gescheite Irritationen zur Verfügung, die Lernen anregen könnten, auch ein Lernen, das über den hier diskutierten Kontext hinausgeht. Denn das wird deutlich: es geht dem Autor tatsächlich ausschließlich um Theorieentwicklung, um Beobachtung, nicht um das Herausarbeiten konstruktiver(er) Lösungsideen. Diese könnten sich jedoch entwickeln, wenn man sich anregen lässt von den angestellten Überlegungen." Zur vollständigen Rezension…
In der aktuellen Ausgabe der "Blätter für Deutsche und Internationale Politik" ist ein interessanter Artikel über die derzeitige Krise des Weltfinanzsystems aufgrund der massenhaft geplatzten Hypotheken in den USA erschienen, der bei eurozine online zu lesen ist. Eric Janszen (Foto www.iiconf.com), der selbst über Erfahrungen als Finanzjongleur verfügt, stellt in "Die Bubble-Ökonomie. Wie man die Märkte für den großen Crash von morgen präpariert" die aktuelle Krise auf leicht verständliche Weise in einen historischen Zusammenhang und zeigt, dass die Produktion von Finanzblasen und die damit verbundene massenhafte Vernichtung von Kapital keine neue Entwicklung ist. Durch die Möglichkeit des Internet, in Echtzeit auf Entwicklungen des Finanzmarktes zu reagieren, gibt es allerdings kaum noch eine Möglichkeit der Erholung vom Platzen solcher Blasen, vielmehr wird versucht, durch Produktion neuer Blasen den Zusammenbruch vergangener Blasen zu korrigieren: "Erinnern wir uns an die Chemieindustrie vor 40 Jahren, als man Schadstoffe wie die polychlorierten Biphenyle (PCB) praktisch unkontrolliert in die Luft und in Gewässer abließ. Viele Jahre hindurch hielt die Industrie sich an das Mantra: 'Die Lösung des Problems der Schadstoffemission heißt Verdünnung.' Man nahm an, die Vermischung von Giftstoffen mit gewaltigen Mengen von Luft oder Wasser neutralisiere die ersteren. Jahrzehnte später ist uns, angesichts von missgebildeten Fröschen, verseuchtem Grundwasser und mysteriösen Krebserkrankungen klar, dass diese Logik nicht stimmte. Doch nun haben die Banker unserer Tage den Fehler auf die Finanzwelt übertragen. Je mehr zweifelhafte Kredite seit Ende der 90er Jahre bis in den Sommer 2007 hinein vergeben wurden, desto mehr mussten sämtliche Teilnehmer des globalen Finanzsystems fürchten, durch die Risiken dieser Praxis in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Die Gefährdung lässt sich als eine Art ökonomisches Gift begreifen. Theoretisch sind die Schadstoffe, die Kreditrisiken, bis zur Unkenntlichkeit verdünnt im Ozean der Weltschuldenmärkte verschwunden; die Magie der Verbriefung hat sie entgiftet, so dass von ihnen keine Systemgefährdung ausgeht. Doch in Wirklichkeit bedrohen die Kreditschadstoffe unsere Wirtschaft ebenso, wie toxische Chemieabfälle unsere Umwelt gefährden. Wie die chemischen Schadstoffe drohen auch die Kreditrisiken sich in den schwächsten und verletzlichsten Teilen des Systems, in diesem Fall des Finanzsystems, zu konzentrieren. Dort treten die toxischen Auswirkungen folglich zuerst in Erscheinung: Der Zusammenbruch des amerikanischen Subprime-Hypothekenmarktes war sozusagen das Seveso, die Urkatastrophe des sich ausbreitenden Finanz-Giftskandals."
Astrid Riehl und Jürg Willi haben sich 1999 in einer empirischen Untersuchung, die in "System Familie" erschien, mit dieser Frage beschäftigt. Sie befragten 204 „normale“ und 31 Therapie-Paare schriftlich mit einem Fragebogen zur Partnerschaft. Die bereits 1994 in einer anderen Stichprobe überprüften Hypothesen über Geschlechtsunterschiede (Wohlbefinden, Zufriedenheit mit der Partnerschaft, Einfühlung in Partner/in) wurden erneut erheblich in Frage gestellt. Das Ergebnis läuft darauf hinaus, dass Unterschiede bei Ehepartnern häufig überschätzt werden und die Kongruenz im Wohlbefinden und Übereinstimmungen in Glück und Zufriedenheit das häufigere Phänomen sind, zumindest in nicht-klinischen Stichproben. Die meisten Unterschiede sind eher paartypisch als geschlechtstypisch verteilt. Dennoch ist „seine Ehe nicht gleich ihre Ehe“: es gibt sicher Unterschiede, die – obwohl „real“ schwer nachweisbar – affektiv bedeutsam sind. Der Beitrag ist in der Systemischen Bibliothek im systemagazin nachzulesen. Zur Systemischen Bibliothek…
So betitelt Peter Bormann eine 81 Seiten starke Einführung in die systemtheoretische Kommunikationstheorie (Abb.: Wikimedia Commons): "Differenzlehren wie die 'Dekonstruktion' (im Anschluß an Jacques Derrida) oder die soziologische 'Bielefelder Systemtheorie' (ausgehend vom Werk von NiklasLuhmann) können nun als Reaktionen auf (den) Plausibilitätsverlust traditioneller sozial wissenschaftlicher Ansätze angesehen werden. Zugleich hat aber die Bielefelder Systemtheorie mittlerweile ein derartiges Komplexitätsniveau erreicht, daß der elegante Einstieg in diese faszinierende Theorieformation sehr schwer fallen muß. Da ich in letzter Zeit des öfteren auf kurze und knappe Charakterisierungen der Systemtheorie angesprochen wurde, schien es mir sinnvoll zu sein, den Text zur sozialwissenschaftlichen Grundlagenkrise in eine Art "Mini-Leitfaden zur modernen (Theorie- )Geschichte der Kommunikation" umzuwandeln. Das heißt: Das Ziel dieses Vademecums ist es, Hintergrundwissen zu einigen älteren und aktuellen Kommunikationskonzeptionen, vor allem dem systemtheoretischen Ansatz von Niklas Luhmann und Peter Fuchs, zu vermitteln. Dabei wurde auf eine schnörkellose und klare Darstellung Wert gelegt, die insbesondere den Zugang zur komplexen Bielefelder Systemtheorie erleichtern soll. Sollten interessierte Laien nun anhand dieses Textes in relativ kurzer Zeit ein ausreichendes Grundverständnis für die Systemtheorie entwickeln können, so hätte diese Arbeit ihren Zweck voll und ganz erfüllt." Zum vollständigen Text…
Am 21. Mai erschein im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht ein Buch des Systemischen Therapeuten und Supervisors Jan Bleckwedel aus Hamburg, das sich mit dem Einsatz von Aktionsmethoden in Familien- und Paartherapien beschäftigt. systemagazin bringt heute als Vorabdruck das Kapitel 1 ("Wie Klienten zu Akteuren werden") aus dem ersten Teil. Aus den Verlagsinformationen: "Der Psychologe Jan Bleckwedel zeigt praxisnah, wie Therapeuten und Klienten zu aktiv gestaltenden Akteuren werden, und stellt dafür ein breites Repertoire systemischer Aktionstools und psychodramatischer Techniken zur Verfügung. Fallbeispiele verdeutlichen, wie therapeutische Prozesse mit Familien und Paaren kreativ gestaltet werden können. Ein methodenübergreifendes Navigationssystem gibt Orientierung." Zum Vorabdruck…
"Stellen Sie sich vor: Ein Mensch kommt in den Krisendienst oder die psychiatrische Klinik und innerhalb von 24 Stunden wird sein komplettes 'Netzwerk' – Angehörige, Freunde, Arbeitgeber, alle, die kommen wollen – zu einem Gespräch mit dem Behandlerteam eingeladen, um in einem „Offenen Dialog“ gemeinsam herauszufinden, was zu verstehen und was zu tun ist. In Deutschland sicher (noch) unvorstellbar – in Finnland gängige Praxis. Dieses dort seit Jahren erprobte Vorgehen erhöht nicht nur die Behandlungserfolge, sondern vermindert die Zahl der Erkrankungen – unglaublich, aber wahr und belegt. Unter anderem in diesem Buch. Seikkula und Arnkil beschreiben ausführlich die Konzepte des „Offenen Dialogs“ sowie des 'Antizipatorischen Dialogs', der dann mit Gewinn und Erfolg eingesetzt wird, wenn verschiedene Helferteams sich zusammen mit den betroffenen Familien aus Zuständigkeitsgerangel und Sackgassen befreien wollen. Ein Buch mit vielen wegweisenden Ideen und einem bahnbrechenden Potenzial für alle Felder der psychosozialen Praxis." So wirbt der Paranus-Verlag in Neumünster für ein hochinteressantes Buch des finnischen Psychologen Jaakko Seikkula und des Sozialwissenschaftlers Tom Erik Arnkil über "Neue Beratungskonzepte für die psychosoziale Praxis". In der Tat wäre das Psychiatrie-System hierzulande gut beraten, wenn es gelegentlich über die Grenzen schauen und zur Kenntnis nehmen würde, was unsere skandinavischen Nachbarn an Kooperationsstrukturen in der psychiatrischen und psychosozialen Versorgung entwickelt haben, die diesen Namen auch verdienen. In seiner Rezension schreibt Jürgen Hargens: "In dieser Klarheit und Stringenz ist dieses Buch für mich ein Informationsgewinn - im Batesonschen Sinne eines Unterschiedes, der einen Unterschied macht. Die Grundidee ist einfach (nicht zu verwechseln mit leicht) - Vernetzung und das heißt, alle Beteiligten in gleichberechtigter Weise zu einem Dialog einzuladen, der unmittelbar nach Bekanntwerden/Ausbruch einer (psychotischen) Krise stattfindet. Die dahinterstehende Idee der „Dialogik“ wird von den Autoren beschrieben als „eine Art zu denken …, die man mit verschiedenen Methoden verbinden kann und die das gemeinsame Zuhören und Denken fördert“ (S. 28). Dabei bildet ein Ausgangspunkt die theoretische Einsicht wie praktische Erfahrung, dass „das an sich gut organisierte professionelle System an seine Grenzen [gerät], wenn es mit Phänomenen konfrontiert wird, die nicht in der Weise arbeitsteilig angegangen werden können, in der das Expertensystem organisiert ist“ (S. 32) - Ausdruck der Erkenntnis, dass sich Interessen und Bedürfnisse von ExpertInnen und KlientInnen nicht notwendigerweise überschneiden. In Hinblick auf eine verbesserte Behandlung ist es dann erforderlich, sich darauf zu orientieren, was am besten helfen kann - und in einem solchen Dialog hat jede Stimme gleichermaßen Gewicht und Bedeutung." Zur vollständigen Rezension…
Zu Lothar Eders Beitrag zur "Lehrbuchdebatte", der vorgestern an dieser Stelle erschien, hat Jürgen Hargens einen Kommentar verfasst. Darin kritisiert dieser Eders These, dass Patienten und "Krankenkassen" keine Erkenntnistheorie hätten, sondern einen eher pragmatischen Zugang zum Konzept der Krankheit pflegen würden: "Ich glaube (ich sage bewusst: glaube), dass auch PatientInnen, KlientInnen, KundInnen eine Erkenntnistheorie haben (MitarbeiterInnen von Krankenkassen meiner Überzeugung nach auch. Krankenkassen wohl eher nicht, denn Erkenntnistheorien sind für mich an Personen gebunden) - sie suchen, so mein Bild, nach einer guten (d.h. für sie selbst überzeugenden) Erklärung dessen, was sie „haben“ (ihr sog. Symptom). Nur ist diese Erkenntnistheorie nicht auf der Basis der vorherrschenden Wissenschaft entwickelt." Zum vollständigen Text…
Wie der Bundestagspräsident Norbert Lammert gestern überraschend auf der Bundespressekonferenz bekannt gab, haben sich alle 612 Abgeordnete des Deutschen Bundestages verpflichtet, zukünftig ihre 16prozentige Diätenerhöhung für die Opfer von Unwettern und anderen klimatisch bedingten Katastrophen einzusetzen. Zu den ersten Begünstigten gehören die Opfer des Zyklons Nargis in Myanmar. Wie Lammert mitteilte, setzt jeder Abgeordnete für jeden Euro seiner Diätenerhöhung noch einmal einen Euro aus seinem privaten Vermögen in den Spendentopf ein. "Wir haben eingesehen, dass wir in der Vergangenheit als Parlament viele Entscheidungen getroffen haben, die zur sich abzeichnenden Weltklimakatastrophe beigetragen haben. Dies bedauern wir zutiefst. Als Zeichen der Umkehr möchten wir die Zweckbindung unserer Diätenerhöhung an die Unterstützung der Opfer dieser Entwicklung verstanden wissen. Wir sehen unsere Aktion gleichzeitig als Signal an die Vorstände der großen Deutschen Unternehmen, die maßlose Erhöhung ihrer Bezüge in den vergangenen Jahren ebenfalls für diesen Zweck einzusetzen", so Lammert wörtlich. Der Bundesverband der Deutschen Industrie und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände zeigten sich in ersten Reaktionen begeistert. "Wir freuen uns über diese Initiative des Bundestages und werden unser Bestes tun, um die Aktion zu unterstützen. Viele unserer Vorstände wissen ohnehin nicht mehr recht, was sie mit ihrem Geld anfangen sollen", äußerte sich der Präsident des BDI, Jürgen R. Thumann, in einer ersten Stellungnahme. Dem Vernehmen nach soll Joseph Ackermann (Foto: Deutsche Bank) bereits in einer spontanen Reaktion ein Drittel seines Jahresgehaltes von 13,2 Millionen € für die Aktion gestiftet haben. Der ehemalige Mannesmann-Chef Klaus Esser überwies dem Vernehmen nach sogar die kompletten 30 Mio. € aus seiner Vodafone-Abfindung. Ex-Bundespräsident Roman Herzog zeigte sich gerührt: "Endlich geht ein Ruck durch Deutschland, wie ich ihn mir nicht besser hätte erträumen können".
Beim Kirschenklauen erwischt, oder: Wer nicht krank ist, braucht auch keine Therapie". So betitelt Lothar Eder seinen klugen "weiteren Beitrag zur 'Lehrbuchdebatte'" für die Systemische Bibliothek, die an dieser Stelle bereits intensiv geführt worden ist. er kritisiert dabei sowohl die Kritiker des Lehrbuches als auch die Autoren und bringt eine interessante Wendung in die Debatte, nämlich eine Rückbindung sprachlicher Konstruktionen an ihre körperbezogenen Wurzeln. Aus dieser, metapherntheoretisch unterfütterten Argumentation, verliert der Krankheitsbegriff für ihn die Anrüchigkeit: "Angestoßen durch den Beitrag von Jürgen Hargens im systemagazin (v. 29.1.2008) als Reaktion auf Jochen Schweitzers und Arist von Schlippes 'Erwiderung an ihre Kritiker' ebenfalls vom Januar 2008, möchte ich im Rahmen der sogenannten 'Lehrbuchdebatte' erneut versuchen, einige Überlegungen beizusteuern. Dabei erscheinen mir sowohl die Position von Schweitzer / v. Schlippe als auch die vielleicht prototypisch für 'die Kritiker' stehenden Anmerkungen von Hargens diskussionswürdig. Die beiden Autoren des Lehrbuchs I und II scheinen sich, so lassen sich einige Passagen ihrer Erwiderung deuten, ihrer Sache mit dem Krankheitsbegriff nicht so ganz sicher zu sein. Möglicherweise ist die Reaktion auch vor dem Hintergrund eines nicht erwarteten und doch recht scharfen Gegenwindes eines größeren Teils der systemischen Szene zu verstehen. Jedenfalls stellen Arist v. Schlippe und Jochen Schweitzer in ihrem Beitrag heraus, sie hielten ja selbst auch nichts vom üblichen Krankheitskonzept, aber man müsse eben in den sauren Apfel beißen, wenn man mit von der Partie sei wolle. Das klingt ein wenig nach einem Geständnis, wenn man beim vermeintlichen Kirschenklauen erwischt worden ist, sein Handeln aber damit verteidigt, man habe es nur im Dienst der Gemeinschaft getan. Man ist dann gewissermaßen ein guter Kirschendieb (d.h. ein 'guter, weil systemisch reflektierender Verwender des Krankheitsbegriffs') im Gegensatz zu denen, die das ohne Gewissensbisse tun (also 'die' 'Vertreter' des 'traditionellen' Gesundheitssystems)." Zum vollständigen Text…
In den Redaktionen der Schmier- und Wixpresse knallen angesichts der immer neuen Nachrichten aus Amstetten die Sektkorken (so präsentierte bild.de gestern lüstern "Die perverse Lebensbeichte des Inzest-Monsters"). Der Sozialhistoriker und Familiensoziologe Reinhard Sieder (Universität Wien), aus dessen Buch "Patchworks. Das Familienleben getrennter Eltern und ihrer Kinder" kürzlich systemagazin einen Vorabdruck gebracht hat, hat in der Ausgabe vom 3. und 4.5.08 des Österreichischen "Standard" den Fall in Amstetten in einen größeren familientheoretischen Zusammenhang gestellt, der den Blick von der Skandalisierung auf die familiäre Intimität als Risikogebiet schlechthin zurücklenkt: ""Die westliche Gesellschaft geht vom gleichen Recht auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit ungeachtet der Herkunft, des Geschlechts und des Alters der Person aus. Das unterscheidet sie von ihrer Vergangenheit und anderen Teilen der Welt. Nur die Familie ist davon, nicht nach dem Gesetz, aber doch praktisch ausgenommen. Das hat sie zu einer Kampfzone werden lassen, in der sich mehr Leid ereignet als an irgendeinem anderen Ort. Der öffentliche Diskurs über „Gewalt in der Familie“ klärt diese Zusammenhänge nicht auf. Im Gegenteil: Er stilisiert körperliche und sexuelle Gewalt zu seltenen Ausnahmen. Den europäischen Massenmedien ist die Geschichte der beiden Familien des Josef F. ober und unter der Erde in einem Ort namens Amstetten nur eine tragische Episode unter vielen. Das glaubhafte Mitleid der Bevölkerung mit den Kindern ändert fast nichts daran. Wenn es der Schaulust und der Angstlust und dem Profit der Massenmedien dient, wird man sie bloßstellen, fotografieren und sich dann über gewissenlose Journalisten beschweren. Die Zusammenhänge aber bleiben weiter verborgen." Zum vollständigen Text, der im systemagazin mit freundlicher Erlaubnis des Standard zu lesen ist…
Hartmut Epple aus Berlin hat zur Tagung "Hinter den Spiegeln" im April in Berlin einen Tagungsbericht für systemagazin geschrieben: Sein Fazit: "Eine durchdringende Selbstbespiegelung, den Untertitel eingelöst und mehr, nämlich auch praktisch Relevantes ausgetauscht. Ein fröhliches Familientreffen dazu (ist bei mir überwiegend positiv konnotiert). Mein Eindruck allerdings insgesamt auch: so wie mit der Spiegelaktion keine nennenswerte Provokation der Öffentlichkeit einherging, so sind auch systemische Ideen inzwischen nicht mehr so provokant und von hohem Neuigkeitswert. Man könnte dazu auch sagen: Willkommen in der Ebene. Insofern war die Tagung auch ein erfolgreicher Ausdruck des Standes der systemisch-therapeutischen Reflexion in Deutschland." Zum vollständigen Tagungsbericht…
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), seit 2004 Rechtsnachfolger des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, hat am 24. April 2008 die Ablehnung der Gesprächspsychotherapie wiederholt, die er nach jahrelanger Beratung bereits im November 2006 beschlossen hatte. Die Entscheidung kommt einem Berufsverbot für approbierte Gesprächspsychotherapeuten und für die staatlich anerkannten Ausbildungsstätten mit dem Schwerpunkt Gesprächspsychotherapie gleich. Es versteht sich von selbst, dass diese Entscheidung keine qualifizierte Einschätzung über die Gesprächspsychotherapie darstellt, sondern nur eine interessante Information über den Gemeinsamen Bundesausschuss. systemagazin veröffentlicht hier die gemeinsame Pressemitteilung der deutschen Fachverbände für Gesprächspsychotherapie zum am 5.5. veröffentlichten Beschluss des G-BA vom 24.04.2008. Zum Volltext…