Thursday, April 24. 2008
Die Forschergruppe um Kerstin von Sydow und Jochen Schweitzer, die die Meta-Analyse von Wirksamkeitsstudien über die Systemische Therapie als Grundlage des Antrages auf Anerkennung der Systemischen Therapie als wissenschaftlich begründetes Verfahren erarbeitet hat (im systemagazin rezensiert), hat das zugrundeliegende Verfahren antragspragmatisch schlicht "Systemische Therapie/Familientherapie" genannt, um damit die Lufthoheit über alles zu gewinnen, was unter diesen Namen bislang erforscht worden ist. Ob diese inhaltliche Verklammerung zweier nicht nur historisch, sondern auch konzeptuell durchaus unterschiedlicher Theorie-Praxis-Komplexe über diese antragspragmatische Perspektive hinausreicht, bleibt zu diskutieren. Jedenfalls haben die AutorInnen 2007 auch eine zusammenfassende Beschreibung für das Psychotherapeutenjournal geschrieben, in der vom Konstruktivismus und von Luhmann bis hin zu manualisierten, störungsspezifischenn Therapien nichts ausgelassen wird: "In jüngster Zeit zeichnet sich ein Trend zu komplexeren, manualisierten, systemtherapeutischen Behandlungspaketen ab, die meist von einer Forschergruppe für bestimmte Störungsbilder entwickelt und beforscht werden". Ob dieser Trend von der Autorengruppe nur beobachtet oder auch selbst angeschoben wird, ist dabei eine weitere Frage. Jedenfalls kann ihre interessante Synopse auch online gelesen werden, und zwar hier…
Tuesday, April 22. 2008
 Jean Ziegler, Soziologe und ehemaliger Schweizer Nationalrat, ist jetzt UN-Sonderbeauftragter für das Recht auf Nahrung. Als solcher hat er dem Österreichischen "Kurier" ein aufrüttelndes Interview gegeben. Darin heißt es: " KURIER: Herr Ziegler, wir stöhnen alle über die steigenden Lebensmittelpreise, aber für viele Menschen am andern Ende der Welt bedeuten diese Preissteigerungen den sicheren Tod. Wie kann es sowas im 21. Jahrhundert geben? Jean Ziegler: Der Hunger ist leider längst eisige Normalität. Zu dieser Tragödie kommt nun die Explosion der Agrarrohstoffe – allein Reis ist um 53 Prozent gestiegen. Aber während ein Haushalt in Wien oder Genf 10 bis 15 Prozent seines Einkommens für Lebensmittel ausgibt, sind es in Haiti, Simbabwe oder Bangladesch 80 bis 90 Prozent. Diese Menschen können sich Grundnahrungsmittel nicht mehr leisten und ernähren sich mittlerweilevon getrocknetem Lehm. Da ist unser Stöhnen über die Fleischpreise wahrlich ein Luxusproblem. Wer ist schuld an diesem Hungerkrieg? Es gibt drei Gründe: Erstens die Biotreibstoffe. Allein die USA verbrennen 138 Millionen Tonnen Mais, damit ihre Autos das Klima nicht ganz, sondern nur halb kaputt machen. Vom Mais, das für einen Tank verbrannt wird, könnte ein mexikanisches Kind ein Jahr lang essen! Der zweite Grund sind die Börsenspekulanten, die verstärkt in Agrarrohstoffaktien investieren und so auf dem Rücken der Verhungernden ihre Profite machen. Der dritte Grund sind die Agrarexportsubventionen der EU. Es ist die totale Arroganz des Westens, die schuld ist, dass noch immer alle fünf Sekunden ein Kind auf dieser Welt verhungert." Zum vollständigen Interview…
Saturday, April 19. 2008
Heiko Kleve macht auf einen Videoclip auf der website der Video-Cooperative Ruhr mit Matthias Varga von Kibed über "repräsentierende Wahrnehmungen" in Aufstellungen aufmerksam. Der Link zum Clip…
Friday, April 18. 2008
 Russell Crane von der Brigham Young University in Utah, USA, beschäftigt sich seit längerem mit den gesundheitsökonomischen Aspekten des Einsatzes von Familientherapie als Behandlungsform. Ein Beitrag über die Kosten-Nutzen-Rechnung von Familientherapie ist im Psychotherapeutenjournal 1/2007 erschienen und kann auch online gelesen werden. "Die vorliegende Arbeit fasst Effektivitätsstudien zur Einbeziehung familientherapeutischer Behandlungen in die medizinische Versorgung psychischer Erkrankungen zusammen. Das zur Verfügung stehende Datenmaterial stammt aus drei unterschiedlichen Quellen: 1. einer im Westen der USA (Region Utah) ansässigen großen Health Maintenance Organization (HMO, Krankenkasse) mit 180.000 Mitgliedern; 2. dem Medicaid-System (staatlicher Gesundheitsdienst für bedürftige Bürger) des US-Staates Kansas; 3. einer großen nationalen US-Krankenversicherungsgesellschaft mit neun Millionen Versicherten. Die gewonnenen Ergebnisse lassen darauf schließen, dass die Einbeziehung familientherapeutischer Maßnahmen in die medizinische Versorgung die Häufigkeit von Arztbesuchen insbesondere bei Menschen, die oft einen Arzt aufsuchen, reduzieren können. Ebenso ergaben die in zwei unterschiedlichen Krankenversicherungssystemen durchgeführten Studien, dass die Einbeziehung von Familientherapie als Behandlungsform die Gesundheitskosten nicht ansteigen lässt." Zum vollständigen Artikel…
Thursday, April 17. 2008
1991 veröffentlichten E. von Goldammer und H. Spranger in "Kybernetik und Systemtheorie" eine Arbeit über die Modellierung lebener Systeme (hier am Beispiel des Immunsystems) als offene bzw. geschlossene Systeme. Ihr Ausgangspunkt ist dabei eine Kritik an dem naturwissenschaftlichen Paradigma der Medizin: "Die Untauglichkeit der naturwissenschaftlichen Ansätze zur Beschreibung von Leben werden heute jedoch nicht nur in der Medizin, sondern vor allem auch im Bereich der kognitiven Wissenschaften sowie in den Computerwissenschaften spürbar. Vereinfacht ausgedrückt ist es der Dualismus, d.h. die Unvereinbarkeit von Begriffen wie Geist & Materie, Seele & Körper (Psyche & Soma) oder Subjekt & Objekt, die ein noch immer weitgehend ungelöstes methodologisches Problem darstellt. Für eine Theorie lebender Systeme ist eine vermittelnde wissenschaftliche Beschreibung solcher komplementärer Begriffspaare jedoch unumgänglich. In der Medizin hat diese ungelöste Problematik zu einem beispiellosen wissenschaftlichen Leerlauf gerade im Bereich der chronischen Erkrankungen geführt, aus dem auch die Flut immer neuer wissenschaftlicher Einzelerkenntnisse wie sie unter anderem z.B. von seiten der Genetik auf die Medizin herabstürzen, nicht herausführt. Eine wissenschaftstheoretische Auseinandersetzung mit dieser Thematik erscheint daher notwendiger denn je. Dabei fehlt es nicht an Bemühungen neue Ansätze zu entwickeln. Die Ursache für das Defizit an adäquaten wissenschaftlich fundierten Theorien liegt tiefer, nämlich in der dem wissenschaftlichen Denken zugrunde liegenden dualistischen Denkweise, die den methodologisch unüberbrückbar erscheinenden Denk- und Sprachraum vorgibt. Diese Problematik ist seit Jahrzehnten bekannt und hat in der modernen Kybernetik mittlerweile zu einem fundamentalen Paradigmenwechsel geführt, der im Bereich der Medizin bis heute kaum zur Kenntnis genommen wurde, so daß die in der Kybernetik entwickelten methodologischen Ansätze bisher nur sehr vereinzelt im Bereich medizinischer Grundlagenforschung appliziert wurden." Die Autoren stellen fest, dass die Frage offener oder geschlossener Systeme nicht in einem einzigen logischen Bereich zu beantworten ist, wir es vielmehr mit unterschiedlichen logischen Domänen zu tun haben und daher eine polykontexturale Logik (G. Günther) benötigen: "Die Einführung zweier logischer Domänen für die Behandlung offener und geschlossener Netzwerke bedeutet für den Fall der Immunologie, daß im Rahmen des Experimentes (innerhalb der molekularen Domäne) von offenen Netzen oder Systemen und im Kontext der Kognitionstheorie (innerhalb der kognitiven Domäne) von geschlossenen Netzen oder Systemen gesprochen werden kann. Damit wird aber lediglich die bereits bekannte Situation noch einmal aus logischer Sicht skizziert, so wie sie sich heute präsentiert, die sich durch eine Polarisierung, d.h. durch die Existenz zweier sich diametral entgegengesetzter und sich gegenseitig ausschließender Modellvorstellungen auszeichnet. Die Forderung nach einer Vermittlung, nach einer Relation zwischen beiden Modellen läßt sich auf diesem Wege nicht einlösen und genau hierin liegt das wissenschaftslogische Problem." Zum vollständigen Text…
Sunday, April 6. 2008
 rebell.tv ("Die Form der Unruhe"), auf das an dieser Stelle schon verlinkt wurde, hat jetzt ein neues Feature, nämlich ein ziemlich cooles Online-Magazin. Es ist komplett als Flash-Datei realisiert und ästhetisch sehr ansprechend gestaltet. Man kann sich wie durch ein Print-Magazin mit der Maus hindurch klicken, kurze Texte lesen, Filme anschauen und sich auf zukünftige Ausgaben freuen, denn diese Null-Ausgabe ist eher ein Teaser, der Lust auf mehr machen soll. Gratulation den Machern!
Friday, April 4. 2008
 Jill Bolte Taylor ist Neuroanatomin an der Indiana University School of Medicine in Bloomington, Indiana. 1996 hatte sie einen schweren Schlaganfall, ihre Genesung dauerte sieben Jahre. In einem bewegenden und sehr persönlichen Vortrag (der auf TED-Talks zu sehen ist) beschreibt sie, wie sie den Schlaganfall erlebt hat und welche Konsequenzen sie daraus als Hirnforscherin für sich gezogen hat. Hagen Böser hat mich auf diesen Link aufmerksam gemacht, herzlichen Dank dafür…
Thursday, April 3. 2008
Ursula Licher-Rüschen, Geschäftsführerin des Familienbundes der Katholiken der Diözese Osnabrück, hat ihre Dissertation an der Universität Osnabrück im Fachbereich Erziehungs- und Kulturwissenschaften eingereicht. In ihrer umfangreichen Arbeit, die auch online zu lesen ist, geht es ihr um die Entwicklung eines "(neuen Settings) in der systemischen Therapie von Familien mit Kindern im Alter zwischen vier und acht Jahren durch die Berücksichtigung von verbaler und nonverbaler Kommunikation in der Bewegungsförderung". Als Zielvorstellung schreibt sie in ihrer Arbeit: "Aus der theoretischen Aufarbeitung der psychomotorischen und systemischen Theorien und Therapien entsteht ein neues, effektives Therapiekonzept zur Bearbeitung von Konfliktherden vorrangig vier- bis achtjähriger, verhaltens- und/oder bewegungsauffälliger Kinder und ihrer Eltern. Durch eine stärkere Betonung des Elements der Bewegung in der Therapie erlernt das Kind spielerisch bisher nicht vertraute Ausdrucksformen und Möglichkeiten zur Konfliktlösung. Sie fördern die Auflösung der Symptome des kindlichen Indexpatienten und der Störungen in seinem Umfeld, so dass es sich und seine Welt zufriedener erleben kann. Meine Kenntnis der systemischen Theorie (mein Schwerpunkt in der klinischen Psychologie) und meine umfangreichen Erfahrungen in psychomotorischer Theorie und Praxis … in … Psychomotorikgruppen führten zu der aktuellen Themenstellung. Wie oben beschrieben soll die „Familientherapie“ mit der „psychomotorischen Therapie“ verbunden werden. Hier soll eine Spezifizierung noch Genaueres darlegen, da das Spektrum sowohl der systemischen (ST) und Familientherapien (FT) und auch das Feld um die psychomotorischen Therapien (PM) sich sehr erweitert bzw. ausgebreitet hat. Im systemischen Bereich wird vorrangig auf die vorhandenen Therapieformen des „Reflecting Team“ (RT) nach Tom ANDERSEN und der Familientherapie nach Virginia SATIR zurückgegriffen. Auch das „Auftragskarussel“ von KRIZ/SCHLIPPE kommt in den Beratungsgesprächen mit den Eltern zum Einsatz. Im psychomotorischen Bereich gab vor allem die „Kindzentrierte psychomotorische Entwicklungsförderung“ (Kindzentrierte Mototherapie) von VOLKAMER/ZIMMER … Anregungen. Auch das Marte-Meo-Konzept nach Maria AARTS brachte für den Bereich der Videokonsultation (VK) gute Hilfestellungen. Haim OMER entwickelte durch seine Ideen über die elterliche Präsenz und die Autorität ohne Gewalt mir sehr entgegenkommende Ansichten." Zum vollständigen Text der Dissertation…
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