"Seit den Achtzigerjahren lässt sich im Diskurs und in der Praxis der Sozialen Arbeit eine zunehmende Verbreitung systemischer Ansätze beobachten. Dabei haben sich im Rahmen des systemischen Paradigmas eine Vielzahl unterschiedlicher Ansätze etabliert". So heißt es auf der website der neugegründeten "Deutschen Gesellschaft für Systemische Soziale Arbeit" (DGSSA): "Infolgedessen geht der Verein ausdrücklich von einem pluralistischen Verständnis des systemischen Paradigmas in der Sozialen Arbeit aus und setzt sich mit dem Nutzen systemisch begründeter Positionen für die Praxis und Wissenschaft der Sozialen Arbeit auseinander." Der Verein versteht sich als ein Forum für den fachlichen und akademischen Austausch über Grundlagen, Entwicklungen und Perspektiven systemischer Ansätze und Theorieentwicklung in der Sozialen Arbeit, zielt auf die Förderung und Verbreitung systemischen Denkens, systemischer Konzepte und Ansätze, sowie auf die Klärung ihrer grundlagentheoretischen Voraussetzungen und Implikationen. Initiatoren dieses Projektes sind Johannes Herwig-Lempp, Björn Kraus und Heiko Kleve, der Gründungsvorstand besteht aus Wilfried Hosemann, Winfried Büschges-Abel und Eleonore Ploil. Der jährliche Mitgliedsbeitrag beträgt 60,- € (ermäßigt 30,- €). systemagazin wünscht dem neuen Verband optimale fachliche Unterschiede, politische Phantasie, organisatorische Stärke, Anschlussfähigkeit an die und Austausch mit der systemischen Szene, erinnerungswerte Veranstaltungen und Parties - mit einem Wort: Erfolg. Zur website der DGSSA…
Ein sehr schöner Text des Organisationssoziologen Stefan Kühl, der als "Arbeitsfassung" im Internet zu finden ist, befasst sich mit der "Rationalitätslücke" in Organisationen und ihrer Bedeutung für eine systemisch-soziologische Fundierung von Beratung. Diese Rationalitätslücke besteht darin, dass Organisationen in ihrer Selbstdarstellung dazu neigen, Entwicklungs- und Veränderungsprozesse als Ergebnisse planmäßiger, durchdachter und zweckrationaler Anstrengungen darzustellen, während die tatsächliche Praxis vor allem von der Existenz von Hindernissen, Widerständen, Unwägbarkeiten und Unvorhergesehenem geprägt ist. Klassische Berater docken an den Rationalitätswünschen der Organisationen mit einer "Ästhetisierungsstrategie" an, in dem ein schönes und konsistentes Zukunftsbild der Organisation seitens der Berater entworfen wird, dessen Umsetzung aber ebenfalls der genannten Rationalitätslücke anheimfällt. Neben vielen anderen Aspekten ist für eine systemische Organisationsberatung der Umgang mit Latenzen interessant:"Für ein soziologisches Beratungsverständnis ist es deswegen notwendig mit einer doppelten Perspektive an eine Organisation heranzugehen. Der erste Blick ist darauf gerichtet zu verstehen, welche Latenzen in einer Organisation vorhanden sind. Hier würde von einer Fremdbeobachtungsperspektive geschaut werden, welche Aspekte in der Organisation nicht (oder nur sehr eingeschränkt) wahrgenommen werden. Es geht ganz im Sinne der systemischen Beratung darum zu beobachten, welche dominanten Muster die Organisation zur Konstruktion ihrer Realität aufgebaut hat, mit welchen Differenzen primär operiert wird, was sie mit Hilfe der Differenz zu sehen bekommt und was nicht, welche spezifischen Blindheiten sie ausbildet und welche Konsequenzen sich daraus für sie ergeben. (…). Der zweite Blick wäre darauf gerichtet zu schauen, welche Funktion die latenten Strukturen in einer Organisation haben. Hier müsste von Beratern herausgearbeitet werden, ob die latenten Struktur so stark ausgeprägt sind, dass ein Arbeiten an ihnen die gesamte Organisation verunsichern würde. Die Aussage über die Funktion der latenten Strukturen gibt dem Berater Aufschluss, wie stark er diese latenten Strukturen ins Gespräch bringen kann." Hier geht es zum vollständigen Text…
Kenneth Gergen, einer der bedeutenden Vertreter des Sozialen Konstruktionismus, führte gemeinsam mit Jynn Hoffman und Harlene Anderson, einen "konstruktionistischen Dialog", der 1997 in Heft 4 der Zeitschrift für Systemische Therapie und Beratung abedruckt wurde. Auf der website von Ken Gergen ist der Text auch zu lesen. In der Zusammenfassung heißt es: "Für eine gewisse Zeit waren wir drei tief in der Erforschung der Implikationen einer sozialkonstruktionistischen Sichtweise von Erkenntnis für die therapeutische Praxis engagiert. Von einem konstruktionistischen Standpunkt aus werden unsere sprachlichen Mittel mit denen wir die Welt (und uns selbst) beschreiben und erklären, nicht von irgendetwas heraus abgeleitet oder erklärt. Vielmehr werden unsere sprachlichen Mittel der Beschreibung und Erklärung innerhalb menschlicher Interaktionsprozesse produziert, aufrecht erhalten und/oder aufgegeben. Ferner sind unsere Sprachen konstituierende Merkmale unserer kulturellen Muster. Sie sind in Beziehungen derart eingebettet, dass ein Wechsel der Sprache eine Änderung der Beziehung bedeuten würde. Die Konzeptionen für Romanze, Liebe, Heirat und wechselseitiger Verpflichtung zu verwerfen, würde beispielsweise heißen, die Formen kulturellen Lebens zu verändern; die Sprachen des Gewissens, der Wahlfreiheit oder der Gedankenfreiheit auszulöschen, würde unsere gegenwärtigen Muster von Anerkennung und Schuld – entsprechend unsere Gerichtsbarkeit – bedeutungslos machen. In demselben Maße, wie wir neue Sprachen in unseren Berufen erzeugen und sie in der Kultur verbreiten, bringen wir uns ein in tägliche Beziehungen – zum Guten oder zum Schlechten. Vor diesem Hintergrund möchten wir drei Fragen der Diagnose im Allgemeinen und der Beziehungsdiagnose (relationale Diagnose) im Besonderen betrachten. Wir optieren für das trialogische Gespräch als eine Möglichkeit der Belebung der Praxis (ebenso des Inhalts) konstruktionistischer Betonung der Bedeutungserzeugung durch Beziehung." Zum vollständigen Text…
Lutz Dammbeck hat einen Film "Das Netz" gemacht, der 2004 bei Arte ausgestrahlt wurde. Für diesen Film hat er auch Heinz von Foerster in Kalifornien besucht und interviewt. Ein Ausschnitt ist bei youtube zu finden und zeigt, welche unglaubliche Energie und Vitalität Heinz von Foerster, der 2002 gestorben ist, auch noch kurz vor seinem Tode zur Verfügung stand.
Rolf Todesco, Soziologe an der Zürcher Hochschule Winterthur und vielseitiges Multitalent, hat sich intensiv mit Hyperkommunikation befasst und einige Hyperbücher geschrieben und im Netz veröffentlicht. Hyperbücher sind Argumentationen, die nicht linear aufgebaut sind, sondern durch Binnenverweise (Hyperlinks) jederzeitig einen Sprung zu einem anderen Argument ermöglichen. Auf diese Weise kann sich jede LeserIn den Text auf individuelle Weise erschließen. Dass diese Technik für didaktische Zwecke besonders gut geeignet ist, demonstriert z.B. Todescos "Crashkurs Systemtheorie 2. Ordnung", die eine gute Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus bietet. Zum Crashkurs…