Wednesday, June 27. 2007
 Unter dieser Überschrift hat Astrid Riehl-Emde, Paartherapeutin und stellvertretende Leiterin am Institut für Psychosomatische Kooperationsforschung und Familientherapie in Heidelberg, 2003 einen Vortrag bei den Lindauer Therapiewochen gehalten, der auch online zu lesen ist: "Sexualität kann zu einem prototypischen Weg persönlichen Wachstums offenbar dann werden, wenn Paare das Risiko eingehen, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu verlassen. Dabei geht es ganz wesentlich um das Spannungsfeld von ungelebter Phantasie und gelebtem Verhalten, wie ein neuer sexualtherapeutischer Ansatz zeigt (Schnarch; Clemen). Inhaltlich und emotional stehen Paare dabei vor der angstmachenden Herausforderung, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede ihrer beiden sexuellen Spektren neu auszubalancieren. Es geht um die Nutzung eines Entwicklungspotentials, das in der sexuellen Differenz liegt, also genau in dem Segment des erotischen Potentials, das bisher nicht miteinander geteilt bzw. gelebt wurde. Lebendige sexuelle Lust und Leidenschaft haben also - bei aller Unberechenbarkeit - auch etwas mit individueller Differenzierung zu tun. Es ist dabei keineswegs das Ziel, die beiden Spektren deckungsgleich zu machen, allenfalls den gemeinsamen Bereich etwas zu vergrößern. Es geht v.a. darum, wieder ein Bewußtsein dafür zu schaffen, daß das sexuelle Spektrum jeder Person noch mehr umfaßt als das, was geteilt wird. Es wird also etwas „gezündelt“ mit der Fremdheit beider Partner. Die Paradoxie der gemeinsamen erotischen Entwicklung – gleichsam eine Schwellensituation und ein zentrales Element von Beziehungswandel, nicht nur von erotischer Entwicklung – besteht darin, daß die bisherige Gemeinsamkeit (der Kompromiß) erst einmal aufgekündigt werden muß, damit sie auf einer anderen Ebene neu entwickelt werden kann. Dieser Entwicklungsschritt geht mit Risiken einher, ist faszinierend und ängstigend zugleich, und oftmals überwiegt die Angst vor dem Verlassen der sicheren Basis. Deswegen wird ein solcher Schritt meist nicht freiwillig gemacht, sondern ausgelöst durch äußere Ereignisse/Krisen, denen man nicht mehr ausweichen kann. Es gilt zu Recht als Risiko, daß das Trennende die Gemeinsamkeit überwiegen kann." Zum vollständigen Artikel…
Saturday, June 16. 2007
 Unter dem Titel „Erzeugung und Konstruktion Systemischer Sozialarbeit“ fand auf dem Kongress „Creating Futures – Systemische Dialoge in Europa“, der vom 29. September bis zum 2. Oktober 2004 in Berlin stattfand, ein Subplenum statt, in dem unter der Leitung von Johannes Herwig-Lempp verschiedene RednerInnen mit ihren Vorträgen aufzeigten, dass sich systemisches Denken und Handeln auf spezifische Weise für die Soziale Arbeit (und nicht nur für Therapie und Beratung) eignet. Einige dieser Beiträge erschienen 2005 in einem Themenheft des Kontext, u.a. auch der vorliegende Artikel von Johannes Herwig Lempp, der in der Zusammenfassung schreibt: " Von der Sozialen Arbeit zur systemischen Therapie und wieder zurück: Sozialarbeit ist von ihrer Grundstruktur her systemisch. Nicht nur kommen viele Mütter und Väter der Familientherapie ursprünglich aus der Sozialen Arbeit, auch hat diese als Königdisziplin im psychosozialen Feld die systemischen Ideen und Methoden begierig aufgenommen und weiter entwickelt. Es wird Zeit, diese Ansätze zu eigenständigen Konzepten einer Systemischen Sozialarbeit zu konstruieren." Zum vollständigen Artikel…
Thursday, June 14. 2007
 Im Australian and New Zealand Journal of Family Therapy (ANZJFT) ist in Heft 3(2002) eine interessante Diskussion von systemischen LehrtherapeutInnen über die Frage veröffentlicht worden, was die Schlüsselkonzepte bzw. die zentralen Lerninhalte sein sollten, die in familientherapeutischen Weiterbildungen vermittelt werden sollten. Fünf erfahrene LehrtherapeutInnen aus Australien und Neuseeland und einige Kommentatoren (Glenn Larner, Chris Lobsinger, Malise Arnstein, Amaryll Perlesz, Bruce McNatty, Kerry James, Jenny Brown und Sophie Holmes) diskutierten den Nutzen von "Shopping Lists" von Kernkonzepten, die Bedeutung des Kontextes von Lehrtherapeuten und Weiterbildungsteilnehmern für die Herausbildung ihrer jeweiligen Werte, Haltungen und Perspektiven sowie die besondere Rolle der Arbeit an der Herkunftsfamilie in der Weiterbildung. Dieser Beitrag ist auch online erschienen und vollständig unter diesem Link zu finden…
Saturday, June 9. 2007
 Die Zeitschrift brand eins hat für die Unternehmensberatung McKinsey & Company ein Magazinformat namens McK Wissen entwickelt, das mittlerweile 20 Ausgaben umfasst und "das Know-how der renommiertesten Consulting-Firma der Welt transportieren" soll - und zwar "in ungewöhnlichem Layout auf hohem journalistischen und gestalterischen Niveau". Das Heft Nr. 19 befasst sich mit dem Thema Krankenhaus. In kaum einem Bereich werden gegenwärtig Organisationen so gründlich umgekrempelt wie im Gesundheitsbereich. Das Heft liefert Zahlen und Fakten zum gegenwärtigen Krankenhaussystem, Beispiele für erfolgreiche Klinik-Reorganisationen und Privatisierungen, Berichte über den unbefriedigenden Stand der Qualitätsberichterstattung der Kliniken, kreative Dienstplangestaltung für ärztliches Personal, Entwicklung von Behandlungspfaden, politische Schwierigkeiten bei der Fusionierung von Krankhenhäusern u.v.a.m. Wer im engeren oder weiteren Sinne im Gesundheitsbereich tätig ist, wird in diesem Heft interessante und gut geschriebene Beiträge finden, die freilich durchgängig die McKinsey-Perspektive aufweisen, von der Schattenseite gegenwärtiger Veränderungsprozesse ist eher nicht die Regel. Vor allem erstaunt die Ineinssetzung von Krankhaus mit den somatischen Kliniken, von psychiatrischen, psychosomatischen oder Suchtkliniken ist überhaupt nicht die Rede. Das ist umso verwunderlicher, bedenkt man, dass psychische Störungen und Verhaltensstörungen durch Alkohol als Indikation für einen vollstationären Krankenhausaufenthalt im Jahre 2005 an dritter Stelle standen. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass in diesem Bereich Rationalisierungen nicht mehr wirklich sexy sind. Was das ästhetisch hochattraktive Layout betrifft, ist nur die Idee der Designer zu bemängeln, das gesamte Heft (Din A-4 auf schwerem Hochglanzpapier) im Querformat zu gestalten, was nicht nur ein Angriff gegen alle Lesegewohnheiten des Abendlandes bedeutet, sondern auch dafür sorgt, dass eine längere Lektüre nicht ohne dicke Daumen zu haben ist, die unvermeidlich sind, wenn man das Heft aufgeschlagen halten möchte. Das Heft ist für 15 € hier zu bestellen, auf der gleichen website kann man die einzelnen Texte auch als PDF herunterladen.
Friday, June 8. 2007
 Der Gießener Erziehungswissenschaftler Thomas Höhne (Foto: www.qineb.de) hat sich in einem sehr kritischen Aufsatz mit dem gegenwärtigen Evaluationswahn beschäftigt, den er in Anlehnung an Foucault als Beispiel neoliberaler Gouvernementalitäts-Praktiken untersucht: "Im vorliegenden Papier wird Evaluation als ein komplexes Kontrollwissen aufgefasst, dessen zentrale Funktion in der Optimierung von Steuerungsleistungen liegt. Dies beinhaltet vor allem die Kontrolle von Kausalzusammenhängen, die aber – so die konstruktivistische These – erst durch das Instrument Evaluation hergestellt werden. Kontrolle wird dabei als ein wesentlicher Faktor von Macht in Informations- bzw. Wissensgesellschaften aufgefasst. Jede Gesellschaft entwickelt historisch ihre eigenen Kontrollmittel für ein geeignetes soziales Kausalitätsmanagement zur Systemsteuerung. ‚Evaluation’ stellt dabei ein Steuerungsinstrument dar, das im Kontext des Taylorismus und der positivistisch orientierten Testpsychologie zuerst in den USA entwickelt wurde und sich als tayloristisches Steuerungsinstrument in den 60er Jahren gesellschaftlich verallgemeinerte. In vier Phasen wird der Evaluationsdiskurs rekonstruiert und es wird danach gefragt, welche Funktion das tayloristische Steuerungsmittel Evaluation heute in Zeiten eines neoliberalisierten Postfordismus besitzt. So lässt sich am Beispiel von Evaluation zeigen, dass die neoliberale Transformation des Staates im Kern mit der weitreichenden Durchsetzung repressiv-restriktiver Mittel des Ausschlusses und der rigiden Standardisierung zum Zweck der Selektion einhergeht. Was Evaluation betrifft, so besteht der Wandel darin, dass es sich von einem politischen Mittel, das ehemals zur Bewertung von Sozialprogrammen im politischen und pädagogischen Bereich (Aufhebung von Bildungsungleichheit) eingesetzt wurde, hin zu einem reinen Ökonomisierungs- und Standardisierungsinstrument entwickelt hat. Als zweites wichtiges Element lässt sich beobachten, dass Evaluation tief in sozialen Praktiken der Subjekte verankert ist und dort ‚Haltungen’ kreiert, durch welche die Subjekte sich permanent selbst evaluieren und sich unter Selbstbeobachtung stellen. Ganz im Sinne der Foucaultschen Analysen zur Gouvernementalität zeigt sich hier eine Koformierung öffentlichstaatlicher Praktiken und Subjektivierungsweisen im Neoliberalismus." Zum vollständigen Text…
Sunday, June 3. 2007
 Dirk Baecker setzt sich mit diesem Text (mit dem Untertitel: "Und einige Anschlussüberlegungen zum Kulturmanagement, zur Kulturpolitik und zur Evaluation von Kulturprojekten") mit dem eher unscharfen Begriff der Kultur auseinander, dem "wir unsere spezifisch moderne Fähigkeit, die Lebensweise der Menschen untereinander zu vergleichen; aber auch jenen fatalen Hang jeder einzelnen Lebensweise, sich für unvergleichlich zu halten", verdanken. Der Text ist online auf der website von Dirk Baecker zu lesen: "Kultur als Rechner der Unterscheidung für richtig gehaltenem von für falsch gehaltenem Verhalten ist auf auffällige Weise mit dem historisch und regional variierenden Selbstverständnis der Menschen als Menschen verbunden. Die Kultur ist daher nicht nur das Programm der Gesellschaft, das es erlaubt zu definieren, wie der Mensch zum Mensch wird, sondern auch der Einwand gegen diese Gesellschaft, wenn sie dem Menschen zumutet, was dieser für unzumutbar hält. Auf bezeichnende Weise offen bleibt dabei der Begriff des Menschen. Seit es die Kulturwissenschaften gibt, zögert man, dem Menschen auf der einen Seite eine Einheit zuzuschreiben, die auf der anderen Seite dann kulturell unterschiedlich realisiert wird, wie es die Anthropologie im 18. Jahrhundert konzipiert hat, sondern hält es umgekehrt auch für möglich, den Menschen differentiell, als Potential eher denn als Substanz, zu verstehen und die Kultur einheitlich für die Funktion in Anspruch zu nehmen, das differentielle Potential des Menschen mit dem differentiellen Potential der Gesellschaft immer wieder neu in Spannung zu versetzen und abzugleichen. Die dazu passende Kulturtheorie steht jedoch aus." Zum vollständigen Text…
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