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Vorabdruck aus Werner A. Leeb, Bernhard Trenkle & Martin F. Weckenmann (Hrsg.): Der Realitätenkellner

Leeb et al.: Realitätenkellner Carl-Auer-Verlag, Heidelberg 2011 (September)

393 S., kartoniert

Preis:39,00 €

ISBN-10: 3896704699
ISBN-13: 978-3896704696

Verlagsinformation: Die innovative und konstruktive Kraft des hypnosystemischen Ansatzes erobert nach der Psychotherapie auch andere Bereiche der professionellen Beratung: In Coaching, Supervision, Mentaltraining, Mediation und Organisationsberatung fördert er rasche und dabei tragfähige Fortschritte bei der Überwindung von alltäglichen wie von außergewöhnlichen Problemen. In diesem Buch lassen sich 25 Praktiker bei der täglichen Arbeit mit Klienten in unterschiedlichen Kontexten über die Schulter schauen. Dabei werden sowohl die Bandbreite des hypnosystemischen Ansatzes als auch seine jeweilige Ausgestaltung sichtbar. Als Leser erhält man vielfältige Anregungen zum eigenständigen Einsatz in den unterschiedlichsten Praxisfeldern. Das Buch ist auch eine Hommage an Gunther Schmidt, den Begründer des hypnosystemischen Ansatzes, der jüngst mit dem Life Achievement Award der German Speakers Association (GSA) ausgezeichnet wurde. Mit Beiträgen von: Reinhold Bartl • Danie Beaulieu • Martin Busch • Louis Cauffman • Klaus-Dieter Dohne • Peter Hain • Bruno Hambüchen • Eberhard Hauser • Karl-Ludwig Holtz • Klaus-Diethart Hüllemann • Gerald Hüther • Anne M. Lang • Werner Leeb • Ortwin Meiss • Matthias Mende • Peter Nemetschek • Bernd Schmid • Gunther Schmidt • Susy Signer-Fischer • Karl-Josef Sittig • Helm Stierlin • Bernhard Trenkle • Martin Weckenmann • Charlotte Wirl • Jeffrey K. Zeig


Über die Herausgeber:

Werner A. Leeb, Mag. rer. soc. oec.; Studium der Wirtschaftspädagogik, Betriebswirtschaft und Psychologie. Berufliche Tätigkeit in Lehre, Verlagswesen und Beratung. Unternehmensberater (Schwerpunkt: Organisations- und Personalentwicklung; CMC – Certified Management Consultant), Managementtrainer, Coach und approbierter Psychotherapeut (BMG) – Personzentrierte Psychotherapie (PP), Hypnotherapie/Klinische Hypnose. Mitglied der MEGA (Milton Erickson Gesellschaft Austria). Gesellschafter der Trigon Entwicklungsberatung, Wien. Autor zahlreicher Fachpublikationen aus den Bereichen Beratung und Coaching.

Bernhard Trenkle, Dipl.-Psych., Dipl.-Wi.-Ing.; Leiter des Milton-Erickson-Insituts Rottweil, Mitglied des Direktoriums der Milton Erickson Foundation Phoenix, USA. Von 1996–2003 Vorsitzender der Milton Erickson Gesellschaft für Klinische Hypnose (MEG); 1984–1998 Herausgeber der Zeitschrift M.E.G.a.Phon. 1999 Lifetime Achievement Award der Milton Erickson Foundation, USA. Ausbildung in Hypnotherapie und Familientherapie (Helm Stierlin, Heidelberg). 1982 bis 1986 Uniklinik Heidelberg, Stimm- und Sprachabteilung (Arbeit mit erwachsenen und jugendlichen Stotterern sowie Stimmpatienten).Seit 1986 eigene Praxis und Institut in Rottweil. Organisator mehrerer Großkongresse mit bis zu 6000 Teilnehmern. Autor der beiden Ha-Handbücher der Psychotherapie,des Aha-Handbuchs und von Die Löwen-Geschichte, einem einführenden Repetitoruim moderner Hypnotherapie. Mitherausgeber der sechsbändigen deutschsprachigen Ausgabe der Gesammelten Schriften von Milton H. Erickson sowie zweier Bücher über Kinder- und Jugendlichenhypnotherapie (Die Pupille des Bettnässers, Neugierig aufs Großwerden).

Martin F. Weckenmann, Mmag., Dipl.-Psych., Dipl. rer. soc. oec.; Studium der Psychologie sowie der Sozial- und Wirtschaftswissenschaften in Wien, langjährige Tätigkeit in klinischen Einrichtungen, Trainer und Lektor für psychotherapeutische Propädeutika, Ausbildungsvereine und Universitäten; selbstständiger Coach, Psychotherapeut und Organisationsberater; Vorstandsmitglied der Milton Erickson Gesellschaft Austria (MEGA); Autor mehrerer Fachpublikationen. Schwerpunkte: Psychotherapie, Coaching, Organisationsentwicklung, Training, Supervision.



Louis Cauffman: Der Tanz der »fünf« Schritte (S. 210-221)


Man managt bzw. coacht Mitarbeiter oder Klienten, indem man mit ihnen interagiert – genauso wie man es vom Tanzen her kennt. Man führt, folgt, bewegt sich zu verschiedenen Rhythmen und versucht, als harmonisches Ganzes zu funktionieren, ohne jemanden anzurempeln! Dieser Beitrag will den eleganten Tanz in Richtung Lösungen vermitteln. Man lernt lösungsfokussierte Führungs- und Managementtechniken, die einem selbst und den eigenen Mitarbeitern, Kollegen, Klienten oder Coachees helfen werden, die jeweilige Bestleistung zu erbringen. Wie beim Tanzen kann man dabei auch viel Spaß zu haben.

Der »Solution-Tango«

Beim Coaching geht es immer um die Interaktion zwischen Menschen und um den Prozess der gegenseitigen Beeinflussung. Deswegen ist Coaching nicht ein einseitiger Monolog, sondern ein Dialog der beteiligten Parteien. Lösungsfokussiertes Coaching ist daher wie ein Tanz – und der »Solution-Tango« hat »sieben« Grundschritte.
 
Die »sieben« Schritte geben den Interaktionen zwischen Führungskraft und Mitarbeitern eine Struktur oder ein Muster. Sie formen den Prozess der Interaktion, und hier meinen wir mit Prozess die Form der Interaktion und nicht ihren Inhalt. Alle Interaktionen zwischen Menschen bestehen aus Inhalt (worüber man spricht) und Prozess (wie man interagiert).

Der Solution-Tango ist eine Metapher für die Prozessseite dieser Interaktion. Viele werden die meisten dieser Schritte oder wenigstens ein paar von Ihnen wiedererkennen, da sie sie wahrscheinlich schon zu einem gewissen Grad anwenden. Der Solution-Tango lehrt jedoch noch ein paar Schritte, die auch einer geübten Tanzperformance noch den letzten eleganten Schliff geben.

Die Präsentation der verschiedenen Schritte in einer ordentlichen Struktur hat große Vorteile, wenn es darum geht, sie zu behalten. Aber hier noch einige Warnhinweise:

Zunächst präsentieren wir die Schritte in einer bestimmten Reihenfolge. Diese Reihenfolge ist wirklich nur als Merkhilfe gedacht. In Wirklichkeit ist nur der erste Schritt, nämlich die Einladung zum Tanz (in der die Arbeitsbeziehung etabliert wird), festgelegt. Dieser muss selbstverständlich zu Anfang erfolgen (sonst hat man keinen Tanzpartner und auch keinen Tanz). Die Reihenfolge der weiteren Schritte hängt von der Situation ab (den Anliegen, den Partnern, den Umständen …). Aber genau wie ein eleganter Tanz nie völlig zufällig ist, werden lösungsfokussierte Bewegungen auf dem Tanzparkett mehr einem flüssigen Tanz als einem wilden, chaotischen Herumhüpfen gleichen. Zum Zweiten wird man wahrscheinlich nicht alle fünf Schritte in jeder Unterhaltung verwenden. Man wählt nur die Schritte aus, die für die vorliegende Situation als wichtig und notwendig erachtet werden. Das Hauptkriterium für die Auswahl ist immer die Nützlichkeit des jeweiligen Schrittes.

Der Solution-Tango ist einfach – aber die möglichen Kombinationen der Schritte sind endlos.


Schritt 1: Warm werden

Wer nicht alleine tanzen will, muss jemanden zum Tanz bitten, und das bedeutet, Kontakt aufbauen, einladen, kurz gesagt: warm werden.

»Warm werden« ist jedoch mehr als einfach nur freundlich sein oder sich wie Herr oder Frau Supernett zu verhalten. Es geht darum, mit anderen Kontakt aufzubauen. Das Ziel ist es, mit Mitarbeitern, Kollegen, Klienten oder Coachees eine optimale Arbeitsbeziehung aufzubauen. Es gibt Tausende von Arten, wie man mit anderen »warm werden« kann, jeder kann einfach die Arten auswählen, die zu ihm am Besten passen und am leichtesten fallen.

Hinweise für den Aufbau von positiven Arbeitsbeziehungen

Was ist also das Rezept für eine wirksame, gute Arbeitsbeziehung? Die folgenden zehn Tipps helfen beim Start:

  1. Stellen Sie sicher, dass Sie eine positive und respektvolle Atmosphäre schaffen.
  2. Fokussieren Sie auf die Art und Weise, wie Ihr Gegenüber denkt und zu Ihnen spricht, passen Sie sich in ihrer Sprache an. Wenn Sie mit jemandem kommunizieren möchten, hilft es, verbal wie nonverbal die gleiche Sprache zu sprechen.
  3. Seien Sie in Ihrer Analyse der Situation schnell, klar und auf dem Punkt. Unverbindliche Verlautbarungen, Fachjargon, komplizierte Terminologie oder theoretische »Tours de Force«, die nichts mit der Realität zu tun haben und allein Ihre Intelligenz demonstrieren sollen, können zwar in Ihrem Unternehmen gang und gäbe sein, aber sie tragen nicht zu einer soliden Arbeitsbeziehung bei.
  4. Halten Sie die Sache einfach – die Realität ist schon komplex genug. Es besteht keine Notwendigkeit, Dinge auch noch komplizierter zu machen, als sie ohnehin sind.
  5. Bauen Sie auf dem auf, was bei Ihren Klienten schon funktioniert. Trotz aller Probleme, derentwegen Ihre Klienten Sie ansprechen, gibt es immer auch etwas, das sie gut machen. Jede problematische Situation beinhaltet auch Elemente, auf denen man positiv aufbauen kann.
  6. Engagement und Commitment sind wesentlich. Wenn Sie den Experten spielen, der selbst mit der Situation nichts zu tun hat, werden Sie schnell hinausgeworfen. Zeigen Sie ernsthaftes Engagement und Verbindlichkeit gegenüber Ihren Klienten.
  7. Fallen Sie nicht auf die (manchmal verlockende) Vorstellung herein, der Retter aller zu sein. (»Ohne mich kriegen sie nichts hin!«). Denken Sie an Carl Whitakers berühmte Worte: »Halten Sie Ihren missionarischen Eifer im Zaum, oder die Kannibalen werden Sie fressen.«
  8. Kooperieren Sie selbst. Sie können in einem Vakuum nicht erfolgreich arbeiten. Coaching ist immer Teamarbeit. TEAM steht nicht für »Toll, Ein Anderer Macht’s«, sondern für »Together Everybody Achieves More« – »Zusammen erreicht jeder Einzelne mehr«.
  9. »Go slow and go with the flow« – lieber langsame und stetige Schritte als etwas übers Knie gebrochen. Lassen Sie der Arbeitsbeziehung nach dem ersten Kontakt Zeit, sich zu einer guten Kooperation zu entwickeln.
  10. Der goldene Tipp: Evolution ist besser als Revolution!

Schritt 2: Der Kontext

Nichts im Leben läuft in einem Vakuum ab, und das ist im Geschäftsleben ebenso. Alles, was uns begegnet, begegnet uns in einem spezifischen Kontext. Dieser Kontext determiniert oder, sagen wir: beeinflusst stark, wie wir Dinge wahrnehmen.

Wenn es also stimmt, dass der Kontext (oder die Umstände) auf jeden Fall eine große Rolle spielt, dann verdient der Kontext auch angemessene Aufmerksamkeit. Die Wichtigkeit des Kontexts ist sehr einleuchtend, weil sie so offensichtlich ist, aber andererseits ist seine Berücksichtigung auch sehr komplex, weil so viele Faktoren zum Kontext beitragen, die wir auch schwerlich alle beeinflussen können. Wie lässt sich mit dem Kontext am besten umgehen?

Man könnte Fragen stellen wie: »Es ist sehr schön, dass Sie zu mir gekommen sind, um mit mir über Ihre Arbeit (oder Ihr Leben) zu sprechen. Darf ich Ihnen erst einmal ein paar Fragen stellen? Bevor wir an Ihren Herausforderungen arbeiten, erzählen Sie mir doch etwas über sich. Wie lange arbeiten Sie hier schon? Was machen Sie in diesem Unternehmen genau? Wie haben Sie sich in den letzten Jahren entwickelt? Welches sind Ihre Stärken? Wenn Sie mögen, erzählen Sie mir doch auch etwas über Ihr Privatleben.«

Kontextfragen zeigen der Person, die das Büro betritt, dass die Führungskraft bzw. der Coach sich mehr für sie als Person interessiert als für die jeweiligen Probleme. Das allein zeigt Mitarbeitern schon, dass man sie respektiert und wertschätzt. Dabei handelt es sich hier um eine sehr wirkungsvolle Intervention: Sie schafft positive Emotionen, und gleichzeitig werden Informationen ausgetauscht, die auf Lösungen hinweisen.

Während man den Kontext der Unterhaltungen, die man mit seinen Mitarbeitern führt, erforscht und klärt, ist man gleichzeitig dabei, mit ihnen zu sprechen, ihnen zuzuhören und eine Beziehung zu festigen. Man hat hier eine wundervolle Möglichkeit, an der Qualität der Beziehung zu arbeiten.


Schritt 3: Ziele setzen

Fußballspieler gewinnen ein Spiel, indem Sie den Ball einmal mehr in das Netz des Gegners schießen als dieser in ihres. Sie wissen genau, wo der Ball hinmuss, und spielen, direkt oder indirekt, zielgerichtet auf das Tor. Ohne die Tore sähe das Herumlaufen auf dem Platz lächerlich aus.
Die richtigen Ziele zu setzen und den Klienten dabei zu helfen, sich die richtigen Ziele zu setzen, ist eine wesentliche Aufgabe für einen Coach.

Klare, konkrete und realistische Ziele, die dem jeweiligen Gesprächspartner wichtig sind, führen jede Unterhaltung zu schnellen und nachhaltigen Ergebnissen. Die wichtigste Frage hier ist die »Zielsetzungsfrage«: »Was sollten wir in diesem Meeting diskutieren, sodass diese Unterhaltung für Sie (und das Unternehmen) nützlich ist?« Diese Frage ist ein wirkungsvolles Werkzeug für die erste Zielsetzung. Diese Frage kann man am Anfang jedes Meetings stellen, um sich auf Ziele zu fokussieren und um zu vermeiden, dass über triviale Themen gesprochen wird.

Das Setzen von Zielen ist interaktiv und passiert nicht auf einen Schlag. Im Gegenteil – Zielesetzen ist ein kontinuierlicher Prozess. Jedes Mal, wenn ein (Teil-)Ziel erreicht ist oder verfehlt wird, werden die nächsten Ziele aufgrund dieser neuen Information(en) adaptiert. Die Vorstellung der Zielsetzung als kontinuierlichen Prozesses ist wichtig, weil sie hilft, nicht in die Falle zu tappen, zu denken, ein Ziel würde unverrückbar bestehen bleiben, wenn es einmal gesetzt ist. Das Leben (in Unternehmen) ist viel zu veränderlich und flexibel dafür!


Nützliche Ziele

Wer maximale Resultate mit minimalem Aufwand erzielen will, der sollte beim Zielesetzen die folgenden Kriterien beachten. (Wer hingegen aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen mit dem maximalen Aufwand minimale Ergebnisse erzielen will, der mache bitte das genaue Gegenteil nachfolgender Empfehlungen.)

1.    Ziele müssen realistisch und erreichbar sein
Dieser Punkt ist eigentlich selbstverständlich. Trotzdem wird er oft übersehen. Die Mythen wie »Je mehr, desto besser« oder »Je schwerer etwas zu erreichen ist, desto besser ist es« sind, wenn man sie befolgt, eine wunderbare Art, sich und andere völlig zu verausgaben. Selbst das stärkste Gummiband reißt, wenn man es überdehnt. Als lösungsfokussierter Coach sucht man immer nach ehrgeizigen Zielen, die mit den Ressourcen des Klienten erreicht werden können. Warum versuchen, den Mond vom Himmel zu holen, wenn man an guten Quartalszahlen arbeiten kann?

2.    Konkrete Ziele können anhand konkreten Verhaltens beschrieben werden
Wenn Ziele als konkretes, erwünschtes Verhalten beschrieben werden, ist es viel leichter zu wissen, wonach man streben soll. Dieses Verhalten fungiert dann als Wegweiser auf dem Weg zum Ziel. Einfach gesagt: Je konkreter man seine Ziele beschreibt – »Was möchte ich tun, wenn ich mein Ziel erreicht habe? Was müssen andere mich tun sehen?« –, desto leichter wird der Weg zum Erfolg.

3.    Beginnen Sie mit kleinen Zielen, und arbeiten Sie sich zu großen Zielen hoch
Erfolg führt wieder zu Erfolg. Wenn man eine Reihe aufeinanderfolgender kleiner Ziele in Richtung des eigenen großen Ziels setzt, wird es leichter, das große Ziel auch wirklich zu erreichen. Kleine Schritte anstatt Riesensprüngen sind oft nützlicher und verlässlicher dafür, dahin zu kommen, wo man hinmöchte. Kleine Siege schaffen einen idealen Nährboden für weitere und größere Erfolge.

Wie funktioniert das Setzen von Zielen im wirklichen Leben?

Man kann jedwedes Thema wählen, um »Zielsetzung« zu demonstrieren. Vielleicht wäre es aber schön, sich einen Augenblick Zeit zu nehmen und den eigenen Zielsetzungsprozess zu überprüfen. Wie setzen Sie Ihre eigenen Ziele? Geschieht das eher informell, oder setzen Sie sich tatsächlich hin und denken nach? Beim Lesen des folgenden Beispiels kann man die Fragen auf die eigene Situation anwenden und sehen, wohin das führt.

Das Beispiel zeigt Douglas, einen Manager, und sein Teammitglied, Juan. Beide arbeiten in der Verwaltung eines pharmazeutischen Unternehmens. Juan wurde kürzlich zum Teamleader eines Teams von neun Mitarbeitern ernannt. Douglas ist sein Vorgesetzter. Die beiden treffen sich zu einer Besprechung, um einige Probleme zu glätten, über die Juan in letzter Zeit zu berichten hatte.

Es wird nun demonstriert, wie eine Unterhaltung zur Zielsetzung aussehen kann. (Der Leser erkennt möglicherweise die Schritte 1 und 2 aus dem Tanz der »fünf« Schritte wieder.)

Douglas: »Hallo, Juan, schön, dass Sie heute Morgen hier sind. Könnten Sie mich, bevor wir anfangen, kurz über die neuesten Entwicklungen bei Ihnen in der Abteilung unterrichten? Wie lange sind Sie denn jetzt schon in der neuen Rolle?«
Juan: »Etwa sechs Monate. Aber es ist noch nicht so lange her, dass ich wirklich weiß, wie alles funktioniert.«
Douglas: »Gut. Das ist ja ziemlich normal, dass man etwas Zeit braucht, um sich zu akklimatisieren. Nun, Sie wollten über ein paar bestimmte Themen mit mir sprechen. Was müssen wir hier bei diesem Meeting besprechen, sodass es für Sie und Ihr Team nützlich sein wird?«
Juan: »Ich denke, dass Sie wissen, dass ich nicht nur neu in der Funktion des Büroleiters bin, sondern dass diese Position erst neulich geschaffen wurde und auch dem Team, das ich leite, sicherlich sehr neu ist.«
Douglas: »Ja, das weiß ich. Und soweit ich es beurteilen kann, machen Sie Ihre Sache sehr gut.«
Juan: »Danke. Es gibt aber immer noch einige Fragen, die mich etwas verwundern. Es sind eigentlich zwei große Fragen, und deswegen bin ich froh, dass wir heute die Möglichkeit zu dieser Unterhaltung haben.«
Douglas: »O. k. – dann lassen Sie uns Ihre Fragen angehen. Womit möchten Sie anfangen? Vielleicht ist es nützlich, wenn Sie erst einmal ein wenig über den Kontext Ihrer Fragen erzählen, sodass ich Ihr Anliegen besser verstehen kann.«
Juan: »Das ist nichts Kompliziertes, wissen Sie. Das Problem besteht aus zwei Elementen, die natürlich miteinander verbunden sind. Ich bin ja neu in meiner Rolle, und ich würde gerne wissen, wie mein Team meinen Beitrag sieht und was ich zusätzlich zu dem, was ich tue, eventuell noch machen könnte. Andererseits ist dieses Team an eine, na ja, ich würde nicht unbedingt sagen: schlampige Organisation gewöhnt … aber ich denke, man könnte sagen, dass es fast keine Organisation gibt. Sie tun alle ihr Bestes und arbeiten hart, aber es gibt keine klare Aufgabenbeschreibung oder -verteilung. Nachverfolgung findet auch fast nicht statt – und niemand bekommt Feedback, selbst wenn jemand nicht genug leistet. Da ich neu bin, zögere ich, mit allen möglichen Neuerungen anzukommen, an die das Team nicht gewöhnt ist. Sie könnten es persönlich nehmen, und das könnte mich in eine schwierige Position bringen.«
Douglas: »Es scheint, als hätten Sie auf alle Fälle Ihren Finger am Puls des Teams. Sie haben verschiedene Elemente genannt, die Sie verbessern könnten. Ihr Team arbeitet hart, das ist schon einmal ein guter Anfang. Die Tatsache, dass Sie als ›Neuer‹ aufmerksam sind und nicht gleich wie eine Elefantenherde hineinstürmen, zeigt Ihren gesunden Menschenverstand als Manager. Das ist auch ein guter Anfang. Jetzt sollten wir uns um die Themen kümmern, die Sie genannt haben: Ihr eigener Beitrag, Feedback installieren, mit einer Einigung über Rollenverteilung und Verantwortungsbereiche anfangen. Was wäre der kleinste Schritt vorwärts?«
Juan: »Wenn ich einen Weg finden könnte, die sie dazu bringen würde, mit mir über die Aufgabenbeschreibungen zu diskutieren. Im Moment bin ich davon überzeugt, dass einige an Dingen arbeiten, an denen andere auch arbeiten, ohne dass sie miteinander kommunizieren – und sie sind ohnehin zu beschäftigt.«
Douglas: »Sie haben ja schon eine elegante Methode genannt, wie Sie sie dazu bringen können zu kooperieren. Als Büroleiter sehen Sie ja alle Aufgaben im Team, und von dieser Warte aus können Sie ihnen ja helfen, etwas Zeit freizuschaufeln, indem Sie sicherstellen, dass sie doppelte Arbeit vermeiden. Ich bin mir sicher, dass das auf Wertschätzung trifft.«
Juan: »Das stimmt. Und das wäre auch eine gute Methode, sie dazu zu bringen, miteinander über die Aufgabenbeschreibungen zu diskutieren.«
Douglas: »Das meine ich auch, ja. Wie lange, meinen Sie, brauchen Sie, um diese Aufgabe mit Ihrem Team mit guten Resultaten zu bewältigen, ohne dass das die tägliche Arbeit stört?«
Juan: »Ich denke, das kriegen wir mit allen Veränderungen, die es mit sich zieht, in drei Wochen hin. Dann müssen wir es nur noch gut umsetzen und weitere Anpassungen vornehmen.«
Douglas: »Sehr gut. Wenn Sie dieses Projekt koordinieren, wäre das eine gute Methode, Ihrem Team zu zeigen, welchen Mehrwert Sie für das Team haben?«
Juan: »Wenn ich das vorsichtig und langsam angehe, sicherlich.«
Douglas: »In Ordnung, das beantwortet jetzt Ihre erste Frage und bringt uns zu Ihrem ersten Ziel, nämlich dass Sie wissen, was Sie zum Team beitragen. Sie könnten auch einfach Ihre Teammitglieder um Feedback darüber, wie Sie Ihre Hilfe wahrnehmen, bitten.«
Juan: »Das mache ich so. Dann haben wir noch das Feedbackziel, aber ich kann schon aus unserer Unterhaltung sehen, dass ich das Feedback einfach zum Teil des Aufgabenbeschreibungsprojekts machen kann. Es ist offensichtlich, dass wir bei der Aufgabenumverteilung einen Feedbackprozess brauchen. Wir machen das ja schließlich, um effizienter zu werden, damit wir als Team mehr mit weniger Anstrengung erreichen. Es wird alle interessieren, ob das Projekt ihnen in der alltäglichen Arbeit hilft oder nicht. Ich als Büroleiter könnte versuchen, eine Methode, den Fortschritt zu messen, zu finden. Ich muss da noch ein bisschen darüber nachdenken, aber ich finde sicher etwas, das funktioniert.«
Douglas: »Sehr gut. Ich bin sicher, Sie haben Erfolg mit dem Projekt. Gibt es noch etwas, das Sie im Moment gerne diskutieren würden?«
Juan: »Nein, das reicht für den Moment. Meine Ziele sind klar, und ich weiß, was ich tun muss, um Sie meinen Teammitgliedern mitzuteilen. Vielen Dank.«


Schritt 4: Ressourcen

Das lösungsfokussierte Modell nimmt an, dass jedes menschliche System, sei es ein Individuum, eine Familie oder ein Team, jederzeit Ressourcen zur Verfügung hat, selbst wenn es in Schwierigkeiten ist. Wenn Probleme auftreten, dann wird das als Hinweis darauf gesehen, dass die vom Problem betroffenen Parteien kurzzeitig ihr Vertrauen in ihre eigenen Möglichkeiten zur Lösungsfindung verloren haben, weil sie den Zugang zu ihren Ressourcen nicht finden. Man könnte sagen, dass sie (zeitweise) ihr Handbuch über »Wie nutze ich meine Ressourcen« verlegt haben.

Der Job des Lösungen erschaffenden Coachs ist es dann, seinen Klienten dabei zu helfen, die »vergessenen« Ressourcen (wieder) zu entdecken und/oder ihnen Werkzeuge an die Hand zu geben, die helfen, neue Lösungen zu erschaffen. In diesem Kontext werden Ressourcen definiert als »jedes verfügbare Werkzeug, das man nutzen kann, um Lösungen zu erschaffen«.

Das Wesen der Ressourcenorientierung ist, dass man die eigene Aufmerksamkeit und die der Klienten auf das richtet, was trotz der Probleme, vor denen man steht, immer noch gut funktioniert. Indem man darauf fokussiert, was funktioniert, und darauf, welche Ressourcen zur Verfügung stehen, löst man die kontraproduktive Problemtrance auf und schaltet den »Turbo« ein für Möglichkeiten zur Schaffung passender Lösungen.

Der Leser denke an einen Moment, in dem die eigenen Probleme so überwältigend schienen, dass man überzeugt war, dass sie auf jeden Fall dauerhaft sein würden und man einfach damit wird leben und darunter leiden müssen. Man kann ein Problem aus dem Privatleben wählen, z. B. ein Problem mit den Kindern, oder ein Problem bei der Arbeit, wie z. B. eine Konfliktsituation, deren Bewältigung unmöglich erscheint. Man kann sich nun einige der folgenden Fragen stellen und herausfinden, welchen Unterschied sie machen:

  • Was haben Sie anders gemacht, als das Problem nicht da war?
  • Was haben Sie anders gemacht, als das Problem aus irgendeinem Grund nicht aufgetaucht ist, es aber hätte auftauchen können?
  • Wer hat in Ihrem Team oder Ihrer Familie etwas anders gemacht, als das Problem nicht so groß war, wie es jetzt ist?
  • Was hat funktioniert, als Sie ein ähnliches Problem in der Vergangenheit gelöst haben?
  • Was würden Ihre Mitarbeiter oder Ihre Familie sagen, was Sie anders machen, wenn das Problem weniger intensiv auftritt?
  • Was hat in einem ähnlichen früheren Projekt (z. B. wenn Sie auch dachten, dass Sie das Budget überziehen würden) am besten funktioniert?
  • Was haben Sie im letzten erfolgreichen Projekt anders gemacht?
Die Antworten auf diese Lösungen erschaffenden Fragen sind bis zum Rand mit Ressourcen gefüllt.

Ein scharfes Auge für Ressourcen zu entwickeln ist dem scharfen Auge, mit dem man im Wald Pilze sucht. Das untrainierte Auge sieht nichts, wo das geübte Auge viele Pilze sieht. Sobald man weiß, was man sucht, ist es recht leicht, mehr davon zu finden.


Schritt 5: Die Kunst der Komplimente

Bei Komplimenten geht es um mehr, als nur freundlich zu sein und die Zustimmung der Klienten einzuholen. Effektive Coachs verschwenden ihre Energien nicht damit, als Mr. Nice Guy gelten zu wollen. Ganz im Gegenteil – Komplimente sind ein wichtiges Werkzeug für die Etablierung und die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen. Diesbezüglich ist der fünfte Schritt des Tanzes mit dem ersten Schritt des Solution-Tangos verbunden, nämlich mit dem Warmwerden. Komplimente zeigen den Klienten, dass ihre Beiträge wahrgenommen werden und dass es einem wichtig ist, etwas darüber zu sagen. Diese funktionalen Komplimente verstärken nützliches Verhalten.

Komplimente haben also vielfältige Vorteile:

  • Komplimente bauen kooperative Arbeitsbeziehungen auf, weil die Klienten bemerken, dass man sich Mühe gibt, auf das zu achten, was sie gut machen.
  • Komplimente darüber, was die Klienten gut machen, stärkt ihr Selbstvertrauen.
  • Wenn man seinen Klienten Komplimente bezüglich ihrer Ressourcen macht, halten sie ihre Spürnasen in die Richtung möglicher Lösungen, anstatt sich auf das Problem zu fixieren.
  • Die Folge von Komplimenten ist eine sich ständig verstärkende Atmosphäre des Vertrauens und der Zusammenarbeit, welche die Wahrscheinlichkeit für und den Wunsch nach Veränderung unterstützt.
  • Und was vielleicht am wichtigsten ist, Komplimente sind eine wirkungsvolle Bestätigung des nützlichen Verhaltens der Klienten. Man hilft ihnen, mehr von dem zu tun, was funktioniert.
»One should never compliment someone for acting normal« (Milton H. Erickson).


Zusammenfassung des Tanzes der »fünf« Schritte

Mit diesem Beitrag hat der Leser alle Schritte des Lösungstanzes gelernt. Vom Einladen der Klienten zur Unterhaltung und zur Klärung des relevanten Kontexts ging es weiter zur Zielsetzung. Indem man ein wachsames Auge auf die Ressourcen der Klienten gehalten hat, schuf man den Raum für Komplimente.
Der Leser weiß also jetzt, was man tun und wie man auf die möglichst einfache Art mit den Klienten interagieren muss, damit man gemeinsam die bestmöglichen Resultate für ihre Arbeit und ihr Leben erreicht.

Die Schönheit des Lösungstanzes liegt in den fast endlosen Kombinationsmöglichkeiten dieser Schritte. Und wie bei allen Tänzen liegt die Eleganz darin, dass man in alle denkbaren Richtungen tanzen kann. Man kann sogar rückwärts tanzen, ohne in die eigenen Fußstapfen zu treten.




Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung des Carl-Auer-Verlages



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