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Neuvorstellung zur Übersicht
18.05.2006
Peter Kruse: next practice. Erfolgreiches Management von Instabilität - Veränderung durch Vernetzung
Peter Kruse: Next Practice Gabal-Verlag Offenbach 2004

220 Seiten, fester Einband

Preis: 25,90 €
ISBN: 3897494396
Gabal-Verlag





Volkmar Abt, Diedorf:

Um es gleich vorneweg zu nehmen: Peter Kruses „next practice“ gehört zu der Art von Fachliteratur, die man so schnell nicht mehr aus der Hand legt, hat man einmal angefangen zu lesen. Peter Kruse schafft es, das höchst komplexe Thema „Change-Management“ so aufzubereiten, dass man Lust bekommt, die Inhalte und Erkenntnisse aus der Lektüre sofort auf alltägliche Veränderungskontexte und insbesondere natürlich auf professionelle Begleitungen von Veränderungsprozessen zu übertragen: Das nächste „Change-Projekt“ dürfte sehr davon profitieren.
Im ersten Teil des Buches (insgesamt 220 Seiten), welches etwa ¾ des Gesamtumfangs ausmacht, stellt Kruse plausibel dar, weshalb es für zukunftsorientierte Unternehmen und Organisationen wichtig ist, die strategische Herausforderung zum Instabilitätsmanagement anzunehmen. Er präsentiert eine sehr gute, auf den Kontext von Organisationen fokussierte Quintessenz über die Theorie dynamischer Systeme und deren Bedeutung für das vernetzte Arbeiten. Für Unternehmen und Organisationen ist die zunehmende weltweite Vernetzung (Beispiel: Internet als unmittelbare Schnittstelle zwischen Hersteller und Kunden mit eigendynamischen Gesetzmäßigkeiten) zu einer neuen strategischen Herausforderung geworden, um die steigende Komplexität der Unternehmensprozesse und Beziehungsgestaltungen professionell zu gestalten und zu begleiten. Auf den Grundlagen der Chaos- und Selbstorganisationstheorie arbeitet Peter Kruse mit einer Fülle von empirischen Belegen, griffigen Beispielen und Geschichten die Prinzipien des Managements von Instabilität heraus. Sein Credo lautet kurzgefasst: Es ist Zeit ist für einen Prozessmusterwechsel: Von „best practice“ zu „next practice“ – vom Stabilitätsmanagement zum strategischen Management von Instabilität.
Führungskräfte von morgen müssen Fähigkeiten im balancierten Umgang mit Phasen der Stabilität und Phasen der Instabilität erwerben. Er führt aus, wie Ordnungsbildungen über einfache Regeln und Zufällen zu höchst komplexen Organisationszuständen führen können, die nicht mehr bis in jedes Detail beherrschbar sind – geschweige denn planbar. Das Konzept der Iteration bekommt hier einen neuen Platz in der modernen Moderation dynamischer Prozessgestaltung. Die vorherrschenden Stabilisierungsmuster („best practice“ als Funktionsoptimierung: Wir machen mehr von dem, was wir können und wir machen es immer besser!) bringen Kulturen hervor, die schwer bereit sind, einen einmal erreichten stabilen Zustand zugunsten von Veränderungen wieder zu verlassen. Anders ausgedrückt: Das Prinzip der Optimierung als Tod für das Unternehmen. Veränderungsmanagement braucht deshalb Regelbrüche, Irritationen und Verstörungen, um aus diesem von Verhaftung geprägten Zustand aufzubrechen: Instabilität als Basis und Grundvoraussetzung für Veränderung. Einerseits ist in Instabilitätsphasen nichts vorhersehbar und die Angst und das Sicherheitsstreben in der Regel groß. Anderseits jedoch ist die Kreativität und die Innovationskraft für neue Ordnungsbildungen enorm hoch. Systeme können dann sprunghaft zu einer neuen Ordnungsbildung finden. Die Beispiele, die Kruse anführt (z.B. im Hochsprung: Der Übergang vom „Straddle“ zum „Flop“) machen die Relevanz dieser Konzepte sofort klar. „next practice“ bedeutet den Aufbruch ins Unbekannte (Christopher Columbus als Beispiel für Instabilitäts-Leaderschip) mit einer von der Führungskraft bewusst und überzeugend kommunizierten Vision als „Top-Down“-gesteuerter Unternehmensprozess bis in die Basis der Organisation. Die Vision ist dabei niemals das eigentliche Ziel sondern der Richtungsgeber, der zum Aufbruch lockt und motiviert. Kruse legt schlüssig dar, wie dieses neue Denken einen Kulturwandel herbeiführen kann, um im bereits immer schneller werdenden Kulturwandel zu bestehen indem man diesen visionär mitgestaltet – statt nur auf ihn zu reagieren. Dies bedeutet, dass nicht mehr die Prozessbeherrschung innerhalb eines Unternehmens im Mittelpunkt stehen kann (Funktionsoptimierung), sondern mehr die Art und Weise, wie Führungskräfte zu den Kompetenzen einer anregenden Prozessmoderation finden. Dies ist notwendig, um offen zu bleiben für die Resonanzen innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Erfolg ist jedoch nach diesem Konzept nicht mehr mit den alten Handlungsinstrumenten planbar. Die Idee der Planbarkeit kann in Phasen der Instabilität sogar zur Falle werden!
Führungskräfte müssen deshalb Kompetenzen erwerben im Umgang mit den verschiedenen „Aggregatzuständen“ von Systemen. Es gilt zu prüfen, wieweit Systeme stabil oder instabil, Organisationen einfach oder komplex sind und welche Funktionsweisen für die verschiedenartigen Kombinationen dieser Zustände Sinn machen: 1. Steuerung (Ursache-Wirkungs-Denken) bei stabilen-einfachen Zuständen, 2. Regelung (Soll-Ist-Abgleich) bei stabil-komplexen Zuständen 3. Versuch und Irrtum (Suchbewegung) bei instabil-einfachen Zuständen oder 4. Selbstorganisation (Musterwechsel) bei instabil-komplexen Zuständen. Das Wissen um Selbstorganisationsprozesse wird im Umgang mit Prozessmusterwechseln und Übergangsgestaltung eine zentrale Aufgabe von Führungskräften werden. Im Moment scheint dieses Wissen jedoch noch nicht weit verbreitet zu sein. Vorherrschend sind immer noch die Strategie der Kontrolle von Prozessen und das Konzept von Planbarkeit. Die hierauf aufbauenden Handlungsstrategien passen jedoch nicht (mehr) zu den immer mehr auftretenden instabil-komplexen Systemzuständen, vor allem betrachtet auf dem Hintergrund steigender Vernetzungsdichte von Beziehungen. Misserfolg ist deshalb hier eher die Regel, Planbarkeit eine fatale Illusion. Hier sei nur kurz das noch immer aktuelle Beispiel des Mauerfalls in der BRD erwähnt: Dieser damals für alle quasi über Nacht gekommene neue „Systemzustand“ (instabil-komplex) wurde und wird noch immer - seit jetzt schon fast 17 (!) Jahren- mit den Regeln des „best practice“ gesteuert, statt auf der Basis von Selbstorganisation. Das Einlassen auf grundlegende Veränderungen steht denn auch im Gegensatz zum vorherrschenden Beharren auf dem einmal Erreichten. Führungskräfte müssen deshalb als erste bereit sein, Veränderungsbereitschaft vorzuleben. Sie sollten zudem ihren MitarbeiterInnen mehr Handlungsspielräume geben und eine neue Kommunikationskultur entwickeln, die bestehende Regeln bewusst hinterfragt, notfalls auch bricht und neu aushandelt. An dieser Stelle möchte ich Sie auf ein kleines Gedankenspiel einladen: Nehmen Sie einmal an, Sie möchten wissen, wie viel Change-Management-Charakter Ihre Organisation aufweist und entscheiden sich, in der nächsten Zukunft eine bestehende, das System stabilisierende Regel zu brechen. Welches Feedback würden Sie wohl erhalten? Würden Sie dafür eher belohnt oder bestraft werden?
Erfolgreiches Handeln in komplex-vernetzten Systemen steht also im Widerspruch zu unserem alltäglichen Denkmustern und braucht folgerichtig risikofreudige Mitarbeiter/innen, die noch (oder immer wieder) fasziniert sind und neugierig neue Ufer erkunden wollen, und zwar mit ausdrücklicher Erlaubnis und Förderung durch Führungskräfte. Deshalb kommt nach Peter Kruse der Mitarbeiterführungskultur ein zentrale Bedeutung zu. Er rät zu einer aktiven und streitbaren Balance zwischen Optimierern und Veränderern. „Sorgen Sie für eine gute Mischung“, sagt Kruse! Dies stellt eine konfliktträchtige Aufgabe für Führungskräfte dar und impliziert die Schaffung einer kreativen Konfliktkultur, die jedoch maßgebend sein wird, um Krisen als Chancen für „Change“ strategisch zu nutzen.
Bei der Realisierung des Wandels kommt den Emotionen aller Beteiligten mehr Bedeutung zu, als manche Führungskräfte ahnen. Denn unsere Emotionen leiten das Handeln mehr als unsere Vernunft. Deshalb sind Offenheit und Transparenz aller Prozesse durch alle Ebenen eines Unternehmens von Anfang an die wichtigsten Faktoren für Entwicklung und Kooperation, ganz besonders auch im Hinblick auf die Nachhaltigkeit von Veränderungsprozessen.
In der eindrucksvollen Schilderung eines Praxisbeispiels zeigt Peter Kruse, wie diese Prinzipien in einem Unternehmen mit ca. 500 Mitarbeiter angewandt wurden, vor allem durch die Anwendung softwaregestützter Management-Werkzeuge zur Datenerhebung, Auswertung und Neuausrichtung auf die (ungewisse) Zukunft.
Zusammenfassend schließt Kruse diesen ersten Buchteil mit der Feststellung ab, dass Führungskräfte vor allem Systemkompetenz zum Managen von Schnittstellen und zum Moderieren von Vernetzungsprozessen brauchen. Um kreative Change-Prozesse zu gestalten, werden diese Kompetenzen noch wichtiger werden als die emotionale Kompetenz im persönlichen Umgang mit Einzelnen und Gruppen. Vom „Anweisen“ zum „Coachen“ und weiter zum „Moderieren“: Dies sind die Führungsfähigkeiten in aufsteigender Reihenfolge, die zur lernenden Organisation führen, welche sich vor allem durch Netzwerkintelligenz auszeichnet.
Im zweiten Teil des Buches (etwa ¼ des Gesamtvolumens) stellt Peter Kruse dann in einem faszinierend-transparenten Stil die Wirkungsweise der Management-Software des von ihm mitbegründeten Beratungsunternehmens „nextpractice“ vor: das computergestützte Interviewverfahren „nextexpertizer“ und die online-Moderationssoftware „nextmoderator“. Er erläutert nachvollziehbar die Grundgedanken, auf der diese Software-Bausteine entwickelt wurden und stellt das Prinzip der Iteration in den Kontext der EDV. Alle grundlegenden Ideen der vorausgegangenen Kapitel findet man hier anwendungsbezogen wieder, indem Kruse Prozessmoderationen anhand von Beispielen aus der Unternehmenspraxis beschreibt.
Hier wird sehr deutlich, wie das Konzept der Iteration konsequent in die Datenerhebung und Datenauswertung einbezogen ist: Informationen, Impulse und Ideen für Veränderungen werden in „real-time“-Prozessen im Unternehmen generiert und allen Ebenen sofort zugänglich gemacht. Bewertungen und Einstellungen der Mitarbeiter/innen bildet dann den Fundus für die nächsten Entwicklungen (Ideenbewertung). Aufgabe des Managements ist es moderierend diese Entwicklungen zu überprüfen, Stärken zu benennen, Schwachstellen zu eruieren und das „System“ lernfähig zu halten und Rückkopplungsschleifen zu gestalten.
Aus den Erkenntnissen der Selbstorganisationstheorie formuliert Peter Kruse im Schlusswort drei kategorische Imperative als Minimalanforderung an das gemeinsame Leben und Arbeiten in sozialen Systemen: Stimuliere die Neugier, Provoziere das Ausprobieren, Fördere die Eigenverantwortung - gewissermaßen die implizite Ethik der Systemtheorie.
Peter Kruse hat viele ansprechende Abbildungen und Grafiken in den Text integriert, die den Inhalt gut ergänzen. Die inhaltlichen Essenzen sind fettgedruckt hervorgehoben und am Seitenrand lassen sich die zentralen Stichworte und Themenschwerpunkte ebenfalls fettgedruckt finden. Dies ist von Vorteil für das schnelle Auffinden von bestimmten Stellen. Einige gut zusammengestellte „Check-Up“- Fragenlisten, z. B. zur Erfolgssicherung, oder auch die „10 goldenen Stabilitätsregeln“ (Tipps gegen Veränderungen, ganz in der Tradition lösungsorientierter Sabotagefragen) sind hilfreich für alle Führungskräfte, Organisationsentwickler oder auch Trainer und Referenten, die Veränderungsprozesse begleiten. Etwas genervt hat mich im 2. Teil stellenweise die subtile Werbung für die Programme nextexpertizer und nextmoderator. Der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass für ein weiteres Programm nextcoach am Rande auch noch kurz geworben wird. Aber darüber kann man sicherlich am Ende großzügig hinwegsehen, gehört Klappern doch seit jeher zum Handwerk.
Alles in allem ist „next practice“ von Peter Kruse ein (immer wieder) lesenswertes, zu neuem Denken anregendes Buch, welches ich zur Pflichtlektüre zum Thema „Change-Management“ rechnen würde. Im Bücherschrank des modernen Managements sollte es auf keinen Fall fehlen. Es wurde im Jahr 2004 mit dem Innovationspreis der SPD und der „Arbeitsgemeinschaft Selbstständige“ in der SPD ausgezeichnet. Die 25,90 € sind ausgezeichnet investiert.





Ein Link zum Vorwort des Buches

Die Website der Firma des Autors Peter Kruse

ein Link zu weiteren Rezensionen des Buches, ebenfalls auf der Website von nextpractice





Verlagsinformation:
"Das Stichwort Veränderung ist allgegenwärtig. Im neuen Jahrtausend gibt es keine Ruhezonen mehr. Angesichts der wachsenden technischen und wirtschaftlichen Vernetzung nimmt die Komplexität und Dynamik des gesamten Lebens rasant zu. Die Vorstellung einer Welt, die sich pausenlos neu orientiert, löst dabei gleichermaßen Angst wie Faszination aus. Um so größer ist die Herausforderung dem ständigen Anpassungsdruck gerecht zu werden.
Das vorliegende Buch nimmt diese Herausforderung an und will diejenigen unterstützen, die Veränderungsprozesse professionell gestalten und begleiten. Im Kern geht es darum, einen erhellenden Verständnishintergrund für den strategischen Umgang mit Veränderung in Unternehmen und Institutionen zu bieten sowie allgemein gültige Grundprinzipien herauszukristallisieren und nützliche Anregungen für den konkreten Führungs- und Beratungsalltag zu geben".


Inhalt:

I. Teil:    Veränderung verstehen und gestalten - Prinzipien des Managements von Instabilität    11
1. Die strategische Herausforderung    13
2. Die Theorie dynamischer Systeme    39
3. Veränderung als Krise und Chance    58
4. Balance von Stabilität und Instabilität    92
5. Ein Praxisbeispiel für Veränderung    137
6. Wege in eine erfolgreiche Zukunft    145
7. Zusammenfassung und Prüfkriterien    153
II. Teil: Veränderung messen und fördern - Management-Werkzeuge für den Wandel    161
8. Soft-Fact-Controlling mit nextexpertizer    163
9. Online-Moderation mit nextmoderator    192
10. Das nextpractice-Prinzip    201


Der Autor:
Peter Kruse ist geschäftsführender Gesellschafter der nextpractice GmbH in Bremen. Er ist Honorarprofessor für Allgemeine und Organisationspsychologie an der Universität Bremen. Nach Studien der Psychologie, Biologie und Humanmedizin promovierte er 1984 im Bereich der Experimentalpsychologie als Stipendiat der Hochbegabtenförderung der Studienstiftung des deutschen Volkes mit summa cum laude.
Über 15 Jahre arbeitete Peter Kruse an mehreren deutschen Universitäten als Wissenschaftler an der Erforschung der Komplexitätsverarbeitung in intelligenten Netzwerken. 1994 wurde er ausgezeichnet mit dem Berninghausen-Preis für innovative Lehre. Von der ZfU International Business School in der Schweiz wurde ihm der Teaching Award in Gold verliehen. Gegenwärtig ist er erfolgreich bei verschiedenen renommierten Managementinstituten und internationalen Unternehmen als Trainer, Coach und Berater tätig.



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