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Veranstaltungsbericht zur Berichtsübersicht
19.10.2012
"Dialog der Kulturen - Kultur des Dialogs" - Freiburg 3.-6.10.2012

Tanja Kuhnert, Köln:

Nach einer intensiven Mitgliederversammlung empfing uns ein schöner sommerlicher Frühherbst in der Freiburger Innenstadt. Die ersten Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren bereits am Mittwochabend angereist und fanden sich zahlreich  zum Eröffnungsvortrag von Luc Ciompi (systemisches Urgestein aus der Schweiz) im Audimax der Freiburger Universität ein.  Sein Vortrag über die Entwicklung und Wirkung kollektiver Emotionen war ein gelungener Start in die Tagung. Gemeinsam mit dem anschließenden Referentinnenempfang gelang so ein festlicher Einstieg in die zwölfte wissenschaftliche Tagung der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF) und die damit verbundene Jubiläumstagung des Freiburger Familientherapeutischen Arbeitskreises (FFK), der, gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Freiburg, Ausrichter und Veranstalter der Tagung war.

Ab Donnerstagmorgen wartete dann ein umfangreiches, internationales und vielfältiges Programm auf die über 800 TeilnehmerInnen. Die folgenden drei Tage standen unter verschiedenen Überschriften: Der Donnerstag galt dem Thema „Systemische Therapie, Kultur und Globalisierung“. Tom Levold begann den Tag mit der Frage „Warum sich Systemiker mit Kultur beschäftigen sollten“. Danach widmeten sich zahlreiche Vorträge und Workshops bis zum Abend dem Tagesthema.

An diesem Tag beeindruckt mich die Vielfalt und insbesondere die Internationalität der Veranstaltungen, die sich leider nicht in der Struktur der Teilnehmerschaft abzeichnete: Es waren wenige Kolleginnen und Kollegen mit Migrationserfahrungen und ausländischen Wurzeln vertreten.

Am Vormittag stellten Michael Wirsching, einer der Tagungsveranstalter und Professor für Psychosomatische Medizin an der Universität Freiburg mit seiner koreanischen Mitarbeiterin Nayeong Ko und dem Leiter der Freiburg International Akademy Nabeel Farhan unter dem Titel „Sind denn alle verrückt geworden? Globalisierung und seelische Gesundheit“ ihre Projekte mit Südkorea und die Schulungen ausländischer Mediziner vor.

Am Nachmittag wurde dies noch im Forum „Blick von außen – Systemisch arbeitende ExpertInnen aus Russland, China und Iran“ weiter geführt. Hier wurde die Psychologin Alla Kholmogorowa, Professorin aus Moskau, live zu geschaltet, während der Psychologe Saied Pirmoradi, iranischstämmiger, in Deutschland lebender Systemischer Familientherapeut und Zhao Xudong, Professor für Psychiatrie an der Tongji Universität in Shanghai, vor Ort zu Gast waren. Hier wurden die unterschiedlichen Entwicklungen der Systemischen Theorien und Arbeitsweisen in den einzelnen Ländern vorgestellt und diskutiert. Es war beeindruckend, wie weltumfassend und verbindend die systemischen Ideen sind, wobei auch deutlich wurde, wie unterschiedlich die Kontextbedingungen für systemische Arbeitsweisen in den einzelnen Ländern sind. Trotz vieler Gemeinsamkeiten gibt es eben auch Unterschiede in den systemischen Arbeitsfeldern und Anwendungen, wobei auch hier die Entwicklung der Globalisierung Unterschiede kleiner werden lässt.

Nach all diesen Vorträgen war es anregend und aktivierend, einen Workshop zum Thema „Im Dialog mit dem Körper – Der Körper als transkulturelles Bezugs- und Beziehungssystem in Therapie und Coaching“, zu besuchen. „Der Körper reist überall mit hin“, sagt Gesa Krämer, Certified Bioenergetic Therapist. Sie beeindruckte durch einen reichen Schatz an Erfahrungen aus der Arbeit mit Menschen in vielen verschiedenen Ländern. So stellte sie Methoden vor, die einfach anzuwenden sind, im jeweiligen kulturellen Kontext interessante Unterschiede deutlich machen können und so viele Möglichkeiten bieten, ins Gespräch zu kommen.

Am Abend besuchte ich die Lesung von Franco Biondi. Der Deutsch-Italiener verfügt über einen reichen Schatz an Migrationsgeschichten und Berufserfahrung. Beides fließt in seine Bücher ein. Durch seine dichte und intensive Erzählweise erzeugte er das Gefühl: hier ist jemand, der weiß wovon er spricht. So konnte ich trotz der späten Stunden nicht aufhören,  seinen Worten und Ideen  zuzuhören.

Der Freitag stand unter der Überschrift „Interkulturelle Therapie und Beratung“ und wurde von einem Vortrag des Psychologen Ahmet Kimil vom Ethno-Medizinischen Zentrum Hannover mit dem Titel eröffnet: „Wer versteht schon diese Familien? Zur Situation von Migranten/Migrantinnen in unserer Gesellschaft“. Kimil bot umfangreiches Zahlenmaterial und daraus resultierende Erklärungsansätze zur Situation von Migranten/Migrantinnen in Deutschland. Hierbei bestätigte er die Annahme, dass nach wie vor die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund in Beratung und Therapie nicht mit dem Anteil an der Gesamtgesellschaft übereinstimmen.  Er gibt damit Erkenntnisse, die uns dazu führen sollten, über die Struktur unserer Hilfsangebote nachzudenken, um mögliche Schwellen abzubauen und Angebote für Menschen mit Migrationserfahrung interessanter und erreichbarer zu machen.

Dies wurde fortgesetzt durch die Präsentation von Eia Asen, Psychiater und Leiter des Malborough Family Service Center  und seinem Team, Rabia Malik, Psychologin mit pakistanischen Wurzeln und Derek Taylor, Psychiater mit  afro-karibischen Wurzeln. Sie haben sehr anschaulich und mit viel Esprit ihre Arbeit in London vorgestellt. Als international besetztes und konsequent interkulturell arbeitendes Zentrum in Groß-Britannien berichteten sie von ihrer langjährigen und sehr erfolgreichen Arbeit. Ihnen zuzusehen und zuzuhören machte Lust auf interkulturelle Arbeit.

Der Freitagnachmittag gab den DGSF-Fachgruppen Gelegenheit, sich vorzustellen und ihre Arbeit in Workshops zu präsentieren, neue Ideen zu sammeln und neue Mitglieder für die Mitarbeit zu gewinnen. Ich hatte die Freude, gemeinsam mit Georg Vorndran unsere Fachgruppe „Systemische Beratung von Menschen in Hartz IV/SGB II“ vorzustellen. Neunzehn interessierte Kollegen und Kolleginnen fanden den Weg zu uns und hatten Lust, sich gemeinsam mit uns der Lebenssituation von Menschen im sogenannten Hartz IV Bezug zu nähern und dabei Auswirkungen auf Beratung und Therapie zu diskutieren.

Der Freitagabend stand dann unter dem Zeichen des Jubiläums. Der FFAK lud ein zum gemeinsamen Feiern in der Uni-Mensa. Ein Arrangement aus bunten Buden mit Antipasti und warmen Speisen, einem Eisstand und einem Espresso-Ape verwandelten die Mensa in eine Piazetta. Die gewohnt gute Stimmung verbreitete sich und wurde nach dem Essen von Impro-Theater und anschließender Live-Musik bis in den frühen Morgen getragen. Viele Gespräche und eine rege Tanzstimmung machten den Abend zu einem schönen und lebendigen Abschlussfest der Tagung.

Am Samstagmorgen widmen sich die Vorträge den verschiedenen „Kulturen in Therapie und Beratung“. So stellte Jürgen Kriz (Psychologischer Psychotherapeut, u.a.)  zunächst die Frage, „Was können Systemiker von anderen lernen?“ Diesem Vortrag musste ich leider fern bleiben, da ich am Vorabend zu den letzten Gästen gehörte.

In den anschließenden Halbplenen wurden verschiedene praktische Arbeitsansätze für Therapie und Beratung vorgestellt.

Sehr gut besucht war der trotz Simultanübersetzung kurzweilige und lebendige Vortrag von Albert Pesso (u.a. Gründer der Psychomotory Therapy, PBSB), der von seinen Erkenntnissen über unsere genetisch gespeicherten generationalen Informationen berichtete. So stellte er einen Zusammenhang dar zwischen persönlichen Erkenntnissen und dem in den jeweiligen Kulturen und universell gespeicherten Wissen. Er ist u.a. davon überzeugt, dass jeder weiß, was Kinder brauchen, weil es genetisch verankert ist. Dies wird über Generationen und Kulturen hinweg in unseren Genen als Informationen gespeichert. Dies finde ich eine faszinierende Vorstellung und ein interessanter Ansatz für die tägliche Arbeit mit Familien.

Im Anschluss daran habe ich noch zwei Kurzvorträge über Psychodrama (Thomas Schwinger) und Kunst- und Gestaltungstherapie in der Beratungsarbeit (Brigitte Michels) gehört, die mir neue Impulse für meine praktische Arbeit mit auf den Weg gegeben haben.

Zum Abschluss hörten wir noch einen Vortrag von Jochen Schweitzer (u.a. Vorstandsvorsitzender der DGSF). Er stellte interessante neue Ideen zur Unterscheidung oder eben der Nicht-Unterscheidung von Beratung und Therapie vor. Beratung ist der gemeinsame Nenner aller systemischen Unterstützungsleistungen, Therapie, Supervision u.s.w. könnten in Zukunft „einfach“ nur aufbauende Module im Ausbildungssystem werden. Damit würde das Ausbildungssystem revolutioniert werden und die Ausbildungsdauer sich verringern. Bereits erbrachte Ausbildungszeiten und Berufserfahrungen würden eine höhere Akzeptanz erfahren. Gleichzeitig stelle er die Idee für ein neues systemisches Kurzzeittherapiekonzept vor: Nach dem Motto „Systemische Therapie als ,Lückenfüller` bis die ,richtige` Therapie beginnen kann“. Hier gibt es einige Idee, die eine Expertengruppe vielleicht in Zukunft den Kassen vorschlagen möchte. Es darf also gespannt erwartet werden, wie sich die Situation der Systemischen Therapie in der Landschaft der Kassenleistung entwickelt und wie sich die Bedingungen für die Ausbildungen verändern werden. Die Szene bleibt also in Bewegung.

Mein persönliches Fazit ist: Viel Begegnungen mit mir lieb gewordenen Kollegen und Kolleginnen in einer schönen Stadt, neue Impulse, auch Bestätigungen für das, was ich schon tue, Lust auf Neues, weiterhin Freude an der systemischen Arbeit und den systemischen Ideen. Ich freue mich schon jetzt auf die nächsten Veranstaltungen.




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