Zeitschrift für Systemische Therapie und Beratung - Heft 3/2002
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Conen, Marie-Luise (2002): Deutsche Familiengeschichten – Deutsche Vergangenheiten. In: ZSTB 20(3), S. 149-159.

abstract: Auf verschiedenen Ebenen werden im folgenden die eigenen Annäherungen der Autorin beschrieben, sich mit den Auswirkungen der deutschen Geschichte auf deutsche Familiengeschichten auseinander zu setzen. Sie beschreibt ihre Entwicklung, sich mit dem Thema „Deutsche Vergangenheit“ zu beschäftigen und bezieht dabei die Erfahrungen ihrer Elterngeneration mit ein. Indem sie einzelne Aspekte aus Lebensverläufen darstellt, wird deutlich, wie groß die Bandbreite an Bewältigungsmustern war, mit den Anforderungen während der Nazidiktatur und auch Nachkriegszeit umzugehen. Mit ihrem Konzept der systemischen Familienrekonstruktion zeigt sie eine Möglichkeit der therapeutischen Arbeit auf, Wege zu bereiten, die Scham zu überwinden und das Sprechen über die deutschen Vergangenheiten zu ermöglichen und in Ansätzen beginnen zu verstehen – wie konnte es geschehen?


Bieback-Diel, Liselotte (2002): Politische Tabus in der DDR und ihre Auswirkungen auf Familien in den Neuen Bundesländern. In: ZSTB 20(3), S. 160-168.

abstract: Die Untersuchungen zur Situation der Familien in den Neuen Bundesländern konzentrieren sich ausschließlich auf die politische Wende und ihre Folgen. Unberücksichtigt bleiben sowohl die Auswirkungen der SED Politik zwischen 1949 und 1989 wie auch die Traumata, die die deutsche Zivilbevölkerung in den ehemaligen deutschen Ostgebieten und der SBZ während und unmittelbar nach Kriegsende erfahren haben. Der folgende Aufsatz beschäftigt sich mit zwei politischen Tabus in der DDR, die eine Bearbeitung dieser Traumata im Vergleich zu Westdeutschland anders und zusätzlich erschwerten. Es handelt sich um die Behandlung der Flüchtlinge und Vertriebenen sowie die Vergewaltigungen deutscher Frauen durch Angehörige der sowjetischen Armee. Die verordnete Verleugnung der erfahrenen Schrecken, Ängsten, Sehnsüchte sowie mangelnde medizinische und psychologische Hilfen lassen vermuten, dass die fehlende Aufarbeitung schwerwiegende psychische Beeinträchtigungen nicht nur für die davon betroffene Generation, sondern ebenfalls für die zweite und dritte Generation hat. Dies wird an zwei Beispielen erläutert. Notwendig erscheint eine Sensibilisierung der Angehörigen helfender Berufe für nicht bearbeitete Traumata in der Familiengeschichte ihrer Klienten.


Hirsch, Helga (2002): Frauen und Kinder – vergessene Opfer des Krieges. In: ZSTB 20(3), S. 169-174.

abstract: In dem Beitrag wird ein Thema der jüngeren deutschen Geschichte aufgegriffen, das bis vor kurzem in Deutschland wenig bekannt war: Die Internierung von Deutschen in polnischen Lagern zwischen 1944 und 1950. Das Thema unterlag von Seiten der Nachgeborenen einer selbstverordneten Verdrängung, damit sie nicht in Widerspruch zu ihrem politischen Selbstverständnis gerieten – und auch nicht als Verbündete der Vertriebenenverbände gelten. Die Autorin beschreibt kenntnisreich die Entwicklungen zwischen 1944 und 1950 in den ehemaligen deutschen Ostgebieten und heutigem Polen – auch anhand von Einzelschicksalen und weist auf die Notwendigkeit hin, die eigene Trauer in einem größeren politischen Kontext einzuordnen, um als Opfer Empathie auch für andere Opfer zu entwickeln.


Korittko, Alexander (2002): Bilder, von denen wir uns kein Bild machen. Sequentielle Traumatisierung bei Kindern und Jugendlichen durch Krieg und Flucht. In: ZSTB 20(3), S. 175-180.

abstract: Wenn Kinder und Jugendliche durch Kriegs- und Fluchterlebnisse traumatisiert werden, leiden sie auch noch Jahre später unter erheblichen Stress-Belastungen. Es wird anhand von Fallbeispielen aus dem Zweiten Weltkrieg und dem Bosnien-Krieg beschrieben, wie bei einer solchen sequentiellen Traumatisierung unverarbeitete Erinnerungsbruchstücke dazu führen können, dass die schrecklichen Erlebnisse jederzeit als aktuell gegenwärtig wachgerufen werden. Die Darstellung einer Therapie mit einem Jugendlichen aus Bosnien gibt einen Einblick in angemessene Hilfeformen für Betroffene.